Ich beschloss dann, mich nicht mehr mit dem Fistful of Dollars-Szenario rund um den Ballsportverein zu beschäftigen. Ich war mir nicht einmal klar darüber, wer die Rolle des namenlosen Reiters ausfüllte. Die Fans waren es nicht, der Verein war es nicht. Sie waren die Rojos und Baxters dieser Zeit. Es würde wahrscheinlich ein paar Monate, wenn nicht sogar Jahre dauern, die um den 18.12.2012 aufgerissenen Wunden zu heilen. Die Erregungen, die Internet immer ungefiltert daherkamen, konnte man zwar auf die Fakten runterbrechen, aber an der verworrenen Gesamtsituation änderte es nichts.
Natürlich kamen in mir wieder Zweifel hoch, ob es richtig war, mich aus meinem Oderbruch-Exil wieder ohne Schutz dem Spiel auszuliefern. Aber sobald ich daran dachte, was mir der Fußball am Ende geschenkt hatte, waren die Zweifel ausgelöscht. Am Morgen des 103. Geburtstags der Borussia musste ich nur auf die letzten drei Jahre zurückblicken und mit einem Schlag kamen derart viele Momente des uneingeschränkten Glücks hoch. Momente, die mich ein Leben lang begleiten würden. Bis auf ganz wenige Ausnahmen hatten die jedoch nichts mit Fankultur zu tun, sondern mit den Sachen, die sich da unten auf dem Platz abspielten.
Am Ende, dachte ich am Fenster stehend, sind es die Bewegungen der Spieler, die mir das Glück verschaffen. Am Ende, dachte ich auf die morgendlichen Wollankstraße blickend, sind es die Spielzüge, die mich verrückt machen. Wie sich die Mannschaft damals im ersten Meisterjahr vor dem 2-0 gegen Wolfsburg den Ball für Stunden an der Mittellinie hin und her passte, um dann mit wenigen Ballkontakten vors Tor zu kommen, das würde mir in Erinnerung bleiben. Insofern war ich an meinem Fenster am ehemaligen Ende der westlichen Welt stehend durchaus guter Dinge. Irgendwann würde sich alles zum Guten wenden. Tief im Innersten war ich immer Optimist geblieben. Ich vertraute mein Schicksal der Zukunft an und am Ende war ich meist gut damit gefahren.
So konnte ich mich, erlöst von allen Problemen, meinen Reisevorbereitungen widmen. Die Pause, das war mir klar, hatte ich trotzdem bitter nötig. Für ein paar Tage auf unsere immer größer werdende Lama-Farm in den Oderbruch. Dörte nach langen Wochen der Trennung wieder in den Armen nehmen, ihr von meinen immer langweiligeren Abenteuern berichten, um dann ihren Plänen zur Erweiterung der Lama-Farm zu lauschen. Wenn die Oder nicht gänzlich zugefroren war, würde ich ein paar Stunden dort verbringen, vielleicht aus einem Teich einen Weihnachtskarpfen fangen und, verdammt, wie sehr freute ich mich auf die heile Welt, die nicht einmal 60 Minuten entfernt von mir unberührt im Oderbruch lag. Für gute zwei Wochen auf alle Aufregung verzichten, grob über die kommenden Aufgaben nachdenken, grob überlegen wie ich Frank mit Informationen versorgen konnte. Alles würde ruhiger werden. Ich ging zum Bahnhof und kaufte mir ein Ticket für den 11.37 Uhr Zug in Richtung Eberswalde. Wenn ich nach langem Spaziergang die Lama-Farm erreichen würde, stand der Gegner in der Champions League bereits fest. Am Abend jedoch mussten wir erst einmal gegen Hannover gewinnen. Zum ersten Mal im fünften Pokalversuch. Auf den Tribünen würde es schon ruhig bleiben. Das Westfalenstadion war zum Glück nicht das Internet