Winterpause. Angeheuert zum Verraten und Verkaufen. Die letzten Tagen hatten es wahrlich in sich gehabt und manchmal durchblickte ich nicht mehr, welche Jobs ich gerade ausübte. Ich war V-Mann, Praktikant, Ermittler und Herausgeber, dazu hatte ich mit einem nicht gerade unterschwelligen Alkoholproblem zu kämpfen, obwohl ich mich gerade in Kneipen amüsierte. Es war an der Zeit, mein Leben mal wieder zu ordnen. Mit einer klaren Struktur, dachte ich mir, würde das alles schon okay gehen.
Leider hatte sich Piotr nicht mehr blicken lassen, leider war meine Verbindung nach Dortmund merklich abgekühlt, obwohl ich gerade jetzt ja Kapital aus diesen Verbindungen hätte schlagen können. Das musste sich in 2013 also ändern. Auch wenn ich noch auf vollen Touren fuhr, wagte ich langsam bereits den Blick zurück, um im kommenden Jahr frei von den 2012er-Altlasten durchzustarten. So begann der letzte Spieltag für mich vor allen Dingen mit Wehmut. Das beste Jahr der Vereinsgeschichte ging zu Ende. Es ging seltsam zu Ende. Da die Fans aller Vereine weiterkämpften. Sie kämpften für ihr Recht, ernst genommen zu werden. Wer konnte ihnen das verübeln? Ich nicht.
Erstaunlich fand ich, die Beschwerden der Fans, die jetzt aber mal genug schreiend durch manche Stadien zogen. Ihrer Argumentationslinie konnte ich nicht folgen. Sie sagten, jetzt sei aber so entschieden worden und jetzt sei dann auch mal gut mit den Protesten. Sie sagten, alles sei doch wirklich nicht so schlimm. Es waren die Leute, die sich das Papier nicht angesehen, die die sich daraus anschließende Diskussion nicht verfolgten hatten und die die Proteste für ein tolles Event gehalten hatten.
Dass aber die Proteste, genauer: Die Weiterführung der Proteste!, größere Unruhen nach der seltsamen Entscheidung der Liga verhinderten, diese Tatsache kam ihnen gar nicht in den Sinn. Ich fragte mich, was passiert wäre, wenn die 12:12-Leute sich mit der Entscheidung zufrieden gegeben hätten. Abgesehen davon, dass sie damit ihren eigenen Protest, der sich von vornherein nur gegen die drei jetzt immer noch strittigen Punkte gerichtet hatte, verraten hätten, hatte der Protest immer auch unter dem Motto „Ohne Stimme – keine Stimmung“ gestanden. Daran hat sich nach dem 12.12.12 nun überhaupt nichts geändert, dachte ich auf dem Sofa sitzend. Im Radio hatte ich einen Top 40-Sender aus Costa Rica laufen, endlich mal nichts verstehen. Nicht die Sprache, nicht die Werbung, nicht warum Creed in Costa Rica im Top 40-Radio liefen.
Meine Gedanken kreisten so sehr um die sogenannte Fanpolitik, dass ich mich zwar bemüßigt sah, die Wahrheit über Lewandowski zu verbreiten. Den DerSamstag!-Lesern also die gewohnte Nachrichtenqualität zu verschaffen und natürlich freute ich mich über den größten Stunt der allseits beliebten Tageszeitung, der spätestens mit der Bestätigung des RuhrNachrichten-Redakteurs wasserdicht war, aber mich beschäftigte dieser Unsinn, diese absurde Diskussion über die Proteste doch mehr als ich es mir hatte eingestehen wollen.
Wieso, fragte ich mich, regen die Fans sich jetzt darüber auf, dass etwas fortgeführt wird? Wieso, fragte ich mich den Weihnachtslieder aus Costa Rica lauschend, beschwerten sich Menschen über etwas, was sie vorher mitgetragen hatten und – nachdem sie zumindest nicht gehört worden waren? Und wieso sahen sie nicht das Offensichtliche? Hätte es an diesem Wochenende keine Proteste gegeben, wäre die ganze Geschichte spätestens mit den ersten kleineren Scharmützeln gegen die Wand gefahren. Nur durch eine Weiterführung der Proteste war es doch möglich gewesen, weiterhin gemäßigte Positionen zu vertreten. Alles andere war nichts weiter als Blauäugig. Und das Anrecht auf gute Laune, auf gute Stimmung wurde mit dem Kauf einer Eintrittskarte ohnehin nicht erworben.
So also ging es sin den Sonntag. Zum Glück gab es sportlich nur das Erfreulichste zu berichten. Stevens musste früh am Tag seine Taschen packen, Jetzt Keller folgte und die Borussia spazierte durch das Sinsheimer Stadion, um das Jahr 2012 zu einem extrem guten Jahr zu machen. Borussia war auf Kurs, Dembowski war auf Kurs, jetzt mussten nur noch die Fans wieder in die Spur kommen.