Der Berg Arbeit trieb mich aus der Wohnung. Raus auf die Straßen der Stadt. Ich brauchte dringend einen Plan. Ich brauchte eine Lösung für das Problem. In der Saisonendphase blieb mir wenig Zeit für die klassischen Ermittlungen. Einige Ermittlungen mussten aber schnell vorangetrieben werden. So setzten die Laubenpieper ihre alleinige Hoffnung in meinen Ermittlergeist. 

In einer nicht so nüchternen Stunde hatte ich in höchsten Tönen von mir geschwärmt, sie diese Schwärmereien für bare Münze genommen. Zwar, hatte ich eingeschränkt, wäre die Geschichte mit dem Wasser und Wein eine, naturgemäß sehr gelungene, Schwindelei in meiner Vita. Man müsse mich aber nur anschauen, fuhr ich fort, dann hätte man auch den Grund der Schwindelei. Sonst aber sei ich der wahrscheinlich erfolgreichste Ermittler meiner Zunft, hatte ich ihnen erklärt, dabei jedoch meine Fußballleidenschaft und das nahende Saisonende verschwiegen.

Sie hatten mich fortan mit Briefen, Schriftwechseln, Eingaben, DVDs und Telefonnummern versorgt. Die, hatten sie mir gesagt, solle ich mir mal anschauen. Doch so, das war mir bereits bei der ersten Sichtung klar geworden, konnte ich nicht arbeiten. Die Brachflächen waren meine Heimat. Aber meine Heimat würde ich nicht am Schreibtisch verteidigen können. Ich war kein Meister der Worte, sondern vielmehr ein Meister der Verwirrung.

Grübelnd durchschritt ich die Straßen des Soldiner Kiezes, bog nach der Wollankbrücke nach rechts ab und strebte auf die Brachfläche zu. Aber meine Gedanken kreisten ganz allein um das Stuttgart-Spiel. Zwar nahm ich die Bedrohung war, sah das Schreckensszenario Einkaufscenter und Townhouse ganz klar vor mir. Meine Gedanken aber sprangen immer wieder zurück auf den Radiosender, der am Morgen das Ende der Borussia-Serie verkündet hatte. Es gäbe nur zwei Möglichkeiten, hatte der Moderator erklärt, entweder verliert Borussia und Bayern ist bereits Meister oder Borussia gewinnt und verliert dann gegen Bayern und somit auch die Meisterschaft.

Viel lieber wollte ich die Laubenpieper und die Brachfläche retten. Dafür aber kochte zu viel Wut in mir. Die Nürnberger hatte der Moderator als „eine der schwächsten Ligamannschaften“ verhöhnt. Für Bayern kein Problem. Ich war nicht über die Worte wütend. Mich störte, dass ich die Worte wahr genommen hatte, sie jetzt in meinem Kopf waren. Manchmal wollte ich das alles nicht wissen. Manchmal wollte ich nicht wissen, was ein Moderator, der sonst vom Ende der Koalition schwadroniert, über den Ballspielverein zu sagen hatte. Jetzt wusste ich es. Es war unerträglich.

So sicher ich mir war, dass das Spiel gegen die Stuttgarter zwar ein harter Kampf werden, am Ende jedoch in einen 7 Punkte-Vorsprung nach dem 28.Spieltag gipfeln würde, so sehr ärgerte ich mich über die Geringschätzung, die der Borussia immer noch entgegengebracht wurde. Es hatte mich nicht zu interessieren. Nicht die Worte waren entscheidend, sondern das Resultat nach 90 Minuten. 22 Spiele in Serie, da war ich mir sicher, das hatte ich noch nie erlebt. Verstört brach ich meinen Erkundungsgang über das Brachland ab. Heute war Bundesliga. Die Ermittlungen konnten warten. Bis zum 14.05.2012. Das musste ich jetzt nur noch den Hoffenden erklären.