Ein kurzes, kräftiges Unwetter erschütterte das Campo Dembowski, das zahlreiche Verluste hinnehmen musste. Noch vor wenigen Tagen hatte ich die Bauarbeiter stolz rausgewohnt, wie man das in diesen Camps eben so tut, doch an diesem letzten Tag vor der WM lud ich sie wieder ein. Sie aber kamen nicht, so verbrachte ich Stunden damit, die Schäden auszubessern, um endlich wieder diese Barfußluxusatmosphäre zu schaffen, die ich in den letzten Tagen, ja Wochen so sehr zu schätzen gelernt hatte.
Da war es nachgerade ein glücklicher Zufall, dass im Campo Bahio wenig geplant war. Cathy, die Rabea, dachte ich auf die Bilder schauend, zum Verwechseln ähnlich war, packte nun seit bereits vier Tagen ihren Koffer. Es war nicht einfach.
Zum Glück hatte ihr der DFB noch ein Care-Paket rübergeschickt, indem sich  zwar leider keine getrocknete Papaya, dafür jedoch eine toller Reiseführer befand, den sie sogleich in die Kamera hielt. Sie ist eine Entdeckerin, dachte ich.

Meine einzige Hoffnung: Cathy findet nie mehr den Weg zurück nach Deutschland. #n11 #dfb #hummels pic.twitter.com/rt4arGPD6q
— Stephan (@stephanito) 11. Juni 2014 

Und sie hatte Mats, und Mats hatte Joachim und Joachim hatte Urs. Alles hing irgendwie zusammen. Der DFB war in den vergangen Wochen zu einer echten Familie zusammengewachsen. Urs konnte gut reden. Urs kannte die Afrikaner, kannte die Italiener, wusste von den Unwägbarkeiten einer Taxifahrt in Südamerika. Dass so eine Taxifahrt kurz vor Sonnenuntergang mit einem Hahn im Gepäck, und einem Caipi in der Hand durchaus ein Abenteuer war, hatte bereits im Vorfeld ein großes Boulevardblatt vermeldet. 

Cathy machte sich Sorgen. Urs vielleicht auch, aber Urs verstand nebenbei auch eine Menge vom Fußball. Er war zwar Schweizer, aber arbeitete nun bereits seit Jahren für Joachim. Seine Paradedisziplin: Eine auf ein Wort runtergebrochene Gegneranalyse. Eine durchaus geniale Idee.
„Spannend“, hatte Urs für Portugal vermerkt, und damit lag er sicher nicht verkehrt. In vielen Gesprächen mit vielen Zeitungen bezeichnete Urs diese Analysen als eine Art Gedankenanstoß, vom dem aus eine Taktik entwickelt wurde. Keine üble Idee.
Oliver machte sich ebenfalls nicht schlecht. Ein befreundetes Unternehmen hatte eine Spielanalysesoftware entwickelt. Jeder Tag ohne Marketingveranstaltung ist ein schlechter Tag, und so traten sie vor die Presse. Es war ein voller Erfolg. Sogar Urs freute sich. Die Software kam ganz ohne Worte aus.

Blatter: “We shall wonder if one day our game is played on other planets, why not?… Then we’ll have an Interplanetary Cup.”
— Gabriele Marcotti (@Marcotti) 11. Juni 2014

Drüben in Sao Paulo annektierte die FIFA das ganze Universum. Der Fußball überschritt weiter Grenzen, und ich saß im Campo Dembowski fest. Nüchtern. Ohne Caipi, ohne Reiseführer, ohne Analysen. Nur der Ermittler im Kampf gegen die Unwetterschäden. Im Campo Dembowski, mitten im Universum. Den fernen Galaxien so nah. Die WM konnte beginnen. Erster Halt: Café King!