Das letzte Mal traf ich sie auf der Münsterstraße. Wie immer trug sie einen langen Wickelrock. „Dembowski, lange mach ich das nicht mehr mit. Die verlorenen Seelen. Sie lassen sich nicht retten“, flüsterte sie mir zu, während wir vor der Kirche standen und hinter uns der morgendliche Lieferwahnsinn seinen Gang nahm. „Bei Dir ist es mir auch nicht gelungen“ fügte sie an. Ich erinnerte mich an unsere ersten Begegnungen. Ich hatte gerade die Rockstarbibel in der Hand. Alle Rockstars waren an Drogen, an Erbrochenem oder an selbstzugefügten Schußwunden gestorben, stand dort geschrieben. An die gebrochenen Herzen, die hinter diesen Schicksalen standen, wollte sie nicht denken. Immer, wenn wir uns trafen, versuchte ich es ihr zu erklären. Irgendwann nachdem auch mein Herz gebrochen war, und es mich in die Erdgeschosswohnung verschlagen hatte, verloren wir den Kontakt. Hin und wieder sah ich sie noch mit ihrem Schild, zu ihr hatte sich jetzt immer häufiger ein Schwarzer gesellt. Sie gingen die Straße auf und ab. Sie erklärten ihre Sicht der Dinge, die nie meine war. Sie hatte mich aufgegeben. Irgendwann, kurz bevor wir uns auf der Münsterstraße trafen, hatten wir uns endlich mal wieder länger unterhalten. In einer Teestube am Nordmarkt. „Dembowski, die Welt hat sich verändert. Ich bin mir immer treu geblieben. Ich wurde verlacht, ich wurde verspottet, und doch haben die Leute mich respektiert. Ich bin zufrieden, Dembowski“. Jetzt ist Maria zu den Rockstars gegangen. Ich mache mir ein Pils auf, schlender zum Plattenregal und höre den alten Vic: „I’ve flirted with you all my life // Even kissed you once or twice //And to this day I swear it was nice // But clearly I was not ready // When you touched a friend of mine // I thought I would lose my mind // But I found out with time that // really I was was not ready, no no // Oh, Death // Oh, Death // Oh, Death // Really, I’m not ready”