Und dann war wieder Wochenende. Wieder Spieltag. Wieder Bundesliga. Zeit für ein paar Punkte auf Platz 4, Zeit für ein paar Tore von Schieber, Zeit für Großkreutz als Rechtsverteidiger und Zeit für Entspannung.

Die Beantwortung der deutschen Frage hatte einen Weltkrieg ausgelöst und wie immer wurde die ursprüngliche Provokation komplett ausgeblendet. Man musste sich keinen Kopf darum machen und ich verfolgte die aufkeimende Diskussion um Plagiate mit Amüsement. Diese Hektik, wie sich alles innerhalb weniger Minuten aufbaute, und sich auf einmal zwei Seiten unversöhnbar gegenüberstanden. Der Fußball stand immer stärker unter dem Druck der neuen Medien, die sich wie Aasgeier auf die Streitigkeiten der beiden großen Vereine stürzten. Ich konnte das Aufatmen bis in den Soldiner Kiez hören. Endlich passiert mal was, endlich können wir echte Meinungen über echte Liebesbekundungen verbreiten.

Am frühen Samstag sprach ich noch kurz mit Redermann. Da war ich noch geflasht von den sensationellen Auseinandersetzungen. Ich kündigte meinem alten Kumpel Ernst ein paar fette Schlagzeilen an, garantierte neue DerSamstag!-Auflagenrekorde und bereitete ihn auch auf ein Interview mit dem, meiner Meinung nach, wunderbaren Eurosportsmanagement von Lewandowski vor.

Doch Redermann brüllte mich nur an. „Dembowski! Du bist ein verfluchter Idiot! Erst forderst Du Aktionen gegen Nazis und kaum bietet Dir das Boulevardgeschäft ein paar neue, beschissene, populistische, unerträgliche Diskussionen an, greifst Du zu und die Nazi-Geschichte interessiert Dich nicht mehr. Du bist ein Internet-Krieger, Du bist ein Hashtagmonster geworden! Du hast Deine Chance verpasst! Dembo, wenn Du nicht aufpasst, verachtet Dortmund Dich bald!“

Nun dann. Vielleicht war Redermann im Recht, vielleicht war er aber auch nur auf meinen durchschlagenden Erfolg neidisch. Wer wußte das schon. Immerhin hatte ich sämtliche Namen an Berg geliefert und das hielt ich jetzt für mehr als nur Hashtagkrieg. Aber natürlich steckte ich ihm das nicht. Redermann war mir suspekt und seine Anschuldigungen liefen ins Leere.

In der Kneipe gab es ein paar Softgetränke, wider dem Alkoholismus, und im Fernsehen lief die Vorberichterstattung. Auf einmal waren dort Banner zu sehen, die sich gegen Nazis aussprachen, die sich eindeutig positionierten. Endlich passierte was. Endlich bewegte sich was auf der Tribüne. Doch Reif interessierte das alles nicht und nachdem Borussia locker gewonnen hatte, verfolgte ich die weitere Berichterstattung. Die Sportschau kümmerte sich um Lewandowski, das ASS kümmerte sich um nervöse Dortmunder und niemand berichtete von den Bannern. Ich checkte die Vereinsseite und auch dort wurden die Banner unterschlagen.

Reaktion gefordert! Reaktion ignoriert! 
(berlin / 03.03.2013) Borussia Fans haben kein Bock auf Nazis. Borussia Fans solidarisieren sich mit Jens & Thilo. Seit Monaten wird eine Reaktion der Dortmund Fans eingefordert. Gegen Hannover war es so weit. Doch niemand hat es mitbekommen. China und Lewandowksi wichtiger als klare Aussagen! Wenn Klopp Kehl und Lewandowski auf dem Platz nicht umarmt, gibt es eine Sondersendung. Wenn Pyrogewalt eskaliert, gibt es neue Gesetze. Wenn Fans aber Signale setzen , werden diese ignoriert. Die Fans der Borussia reagieren und setzen ein Zeichen. Die Antwort: Ein Arschtritt der Ignoranz. Es war vielleicht die wichtigste Aktion im Dortmunder Westfalenstadion seit langer Zeit, es war ein erstes Zeichen: Wir wollen keine Nazis im Stadion! Passt aber nicht in die glitzernde Welt der Streitigkeiten. Den Dortmunder Fans mag man zurufen: Weiter so! Lasst Euch nicht entmutigen! Und in Richtung Medien heißt es: Schämt Euch! Wenn Phantomdiskussionen wichtiger sind. (dembowski / DerSamstag!)