Als der Anruf kam, war sowieso schon klar, dass es so nicht mehr lange weitergeht. Wir saßen dann in der Kneipe und überlegten hin und her. „Was tun?“, fragte Redermann. Und ich hatte keinen Plan. Immerhin war ich ohnehin in Dortmund. Nach langer Zeit mal wieder 2x in kurzer Abfolge. Piotr war das egal. Die Auflage sei mal wieder im Keller. Die Auflage sei auch nicht besser als die BVB-Aktie. So langsam verloren die Konstrukteure die Geduld. Sie saßen in ihren Unterwasseraquarien und diktierten weiterhin die Zukunft, die ihre Vergangenheit und manchmal ihrer Gegenwart war. Ich fand das super. Das hatte ich Piotr so auch gesagt, doch der mich am Telefon nur abgewiesen.
Wir saßen am Tisch, kippten Kronen um Kronen in uns hinein. Sprachen uns aus. Ich entschuldigte mich noch einmal für meine infamen Anschuldigungen nach dem Bremen-Spiel. Die ich so nie getäigt hatte, aber Redermann war nen sensibler Kerl und ich musste ihn für die anstehende Sommerpause, die über das Schicksal unser gemeinsamen Unternehmung entscheiden würde, an meiner Seite wissen. Nach dem Anruf hatte Redermann, das musste man ihm zugestehen, direkt einen externen Berater hinzugezogen. Er nannte ihn nur den Chief.
Aus der Jukebox dröhnte der Griechische Wein und kündigte das Eintreffen Reisers an. Der machte es nicht unter Udo Jürgens. Aber ich nicht mehr mit. Ich stand auf, trat einmal kräftig gegen die Jukebox und gab Reiser eine mit. „Hast Du denn überhaupt keinen Anstand?“ Reiser blickte mich nur an, machte Anstalten etwas zu antworten, doch mit dem nächsten Tritt hatte ich ihn wieder aus der Kneipe raus. Die Jukebox war zum Glück nicht hinüber und jetzt lief da wieder „Otis“ von Kanye West & Jay Z. Redermann wollte das so. Und es war ja auch nicht verkehrt. Redermann hielt sich meist für einen Schwarzen, dann stammelte er wahlweise „Jazz, Jazz, Jazz“ oder „in meinem nächsten Leben habe ich Soul!“ Er hatte jetzt bereits Soul, aber niemand wollte ihm das sagen. Ich hatte den Blues, doch dafür gerade keine Zeit.
Der Chief zeigte uns weiter Möglichkeiten auf, und so kamen wir dann zu dem Entschluß ,dass sämtliche Einnahmen aus dem Borussia Hearts Club in unsere Kassen fließen würden. Als der Chief dann noch einmal fragte, wie viel Eintritt wir denn nehmen würden, konnte ich „Eintritt frei!“ antworten. Für einen kurzen Moment entglitten dem Chief seine Gesichtszüge. Es sah komisch aus. Der langhaarige Jungspund, den Redermann mir als externen Berater verkaufen wollte, der aber bereits nach jetzt acht Bieren ein Teil des Projekts war, konnte es nicht fassen und schrie jetzt „das Leben ist kein Kommunismus“ und mir war es egal. Ich verdiente mein Geld mit Kneipen- und Ladenbesuchen, ich hatte kein Interesse daran, Menschen um ihr hartverdientes Geld zu bringen. Das tat Kollege Reiser bereits und was passierte, wenn man Leute abzockte, hatte Reiser ja gerade erst erlebt.
Die Wahl zum Spieler der Saison war beinahe entschieden, und wir vereinbarten, dass Redermann als Fotoreporter die Kiez-Tour begleiten würde, so es noch einen Gewinner gäbe. Langsam brach der nächste Tag an. Es war der Tag! Der Tage! It was Dembowski’s Borussia Hearts Club Night!