Aufwachen. Am Morgen des 30.04 hatte ich es schon vermutet. Der Tag würde besser werden, als der vorherige Tag, der mich zum Lanstroper Ei geführt hatte. Er wurde besser. Früh zum Stadion hoch. Natürlich kein Ticket bekommen, obwohl ich meinen Leuten auf den Sack ging. Hab mich dann bei Bier & Bratwurst in die Rote Erde eingemietet. Als Köln das 2-0 schoss, wurde es mir zu laut. Mein Handy drehte durch. „Am Ende hat Reiser doch verloren“ stand da. Ich machte mir keine Gedanken, war mit meinen Füßen schon längst wieder auf der Lindemannstraße. Runter, nur schnell runter in die Nordstadt. Bevor die Autocorsos noch lauter würden, sie waren jetzt schon laut.

Rollläden runter. Bier auf, Sportschau an, WDR an. Draußen die Jubelgesänge. Sie hatten es sich verdient, doch mich hatten sie besiegt. Das Telefon klingelte, meine Mutter war dran: „Dietfried, alles Gute zum 35.Geburtstag. Pass auf Dich auf.“ Sie war irgendwo, aber sie hatte an meinen Geburtstag gedacht. Ich nicht. Noch ein Bier auf. Rollläden wieder hoch. Fenster auf. Am Ende der Straße tanzten die Leute vor der Kneipe. Die Wentraud kam am Fenster vorbei. „Wo warst Du denn gestern?“ „Lanstrop!“ „Meister!“ „Ja“ „Alle so glücklich“ „Ich nicht, hab Geburtstag, war am Stadion, keine Karte“ „Hier“ Sie reichte mir eine Kiste Meisterbier „geht aufs Haus“. Die Kinder ignorierten mich, aus ihren Fener-Trikots waren über Nacht Borussia-Shirts geworden. Ich erinnerte mich an die Lieferung, die Martin bei mir bunkern wollte.

Mit Kiste und Lieferung ab in die Kneipe. Trinken, Shirts in die Menge werfen. „Meistershirts, Meistergürtelschnalle, Meisterschals! Nur heute, nur heute, nur heute umsonst!“ Es wurde ein langer Abend, für jedes Shirt, für jede Schnalle, für jeden Schal gab es einen Schnaps aufs Haus. Sonntag dachte ich nur: „In yer face, Reiser!“ und am Montag wachte ich erst gar nicht auf. Heute ist Dienstag. Borussia Dortmund ist Deutscher Meister, Dietfried Dembowski 35 Jahre und sowohl Reiser als auch Martin haben sich bislang nicht bei mir gemeldet.