Es war immer besser zu agieren, anstatt einfach nur zu reagieren. Redermann zögerte keinen Moment. Die Zeit war knapp. Der Plan musste aufgehen. Ansonsten würden dunkle Wolken über der Strobelallee aufziehen. Die konnte niemand gebrauchen.

Schon gar nicht ich, plante ich doch einen längeren Abstecher in die Westfalenmetropole.

Redermann machte sich also direkt an die Arbeit. Brach auf gen Krefeld. Vor einiger Zeit hatte er bereits einen Nachmittag mit dem Grotifanten verbracht. Redermann konnte den Grotifanten-Lebenslauf herunterbeten.

Die Auseinandersetzung mit Düsseldorf Keeper Carsten Nulle, der „Vorstand Raus!“-Doppelhalter, die Feuerzeug-Aktion in 2013. Redermann wußte alles.

Das Wochenende naht, der Untergang auch, dachte Redermann und bestieg den RE. Am Krefelder Bahnhof erwartete ihn der Grotifant. Die Verhandlungen begannen.

Am Abend rief mich Redermann an. Noch ziert sich der Grotifant, sagte er mir. Mich hatte es vor Aufregung mal wieder ins Oldie-Eck verschlagen. Schlagerwunschnacht. Ich trank gegen die Aufregung. Und wußte, dass es kein Plan B gab. Der Grotifant oder niemand.

Ich blickte auf den DJ, der besinnungslos zwischen Helene Fischer, Roland Kaiser, Andrea Berg und Udo Jürgens hin- und herwechselte.

„Ruf gleich noch einmal an. Und drück ganz zufällig auf Lautsprecher!“

„Wieso?“

„Vertrau mir!“

Eine Molle später klingelte das Telefon erneut. Ich nickte dem DJ zu. Ein Lied setzte ein. Pathos. Keyboard. Reibeisenstimme:

„Die Arbeit ist getan, das Wochenende naht. Die Grotenburg noch tief und fest im Schlaf. Ich bin am Niederrhein geborn, in Krefeld groß geworn. Und seit eh und je steh ich zum KFC. Auf dem Weg zum Stadion, seh ich das Flutlicht schon von fern. Es scheint direkt und tief in mein Herz. Wie immer in Block B, wo ich seit über 20 Jahrn steh, singe ich in Blau und Rot das Lied vom KFC“

Jetzt setzte der Chor ein, das Oldie-Eck lag sich in den Armen und schunkelte „Oh KFC – Du bist die Tradition am Niederrhein. Oh KFC – ohne Dich sind wir allein!“



„Ohne Dich auch, Grotifant!“, brüllte das Oldie-Eck. Ich hatte sie mit ein paar Lokalrunden geschmiert. Sauteuer. Hoffentlich war das genug. Der Chor war billig und schlecht. Aber der Grotifant nur auf Lautsprecher. 

Ich ging vor die Tür, Redermann hatte noch nicht aufgelegt, das Handy aber scheinbar beiseitegelegt. Ich vernahm ein paar Wortfetzen.

„Die Farben stehen mir nicht.“

 „…Ribery…Alles für NRW…helfen“

Sie diskutierten. Immerhin. Das war gut. 

Ich legte auf, und schlich mich zurück in die Kneipe. Singschulden waren Ehrenschulden.

Ich trank die Nacht durch. Aus Angst, dass es nicht geklappt haben könnte. Redermann gab sich verschlossen. Schrieb nur, dass der Grotfiant am Wochenende leider unpässlich sei.

„Aber die haben doch spielfrei“, schrieb ich verzweifelt zurück. Keine Antwort.

Erst in den Morgenstunden die Antwort. „Warte auf ein Zeichen! Bleib geduldig!“ Ich sah sie nur noch verschwommen.



Ich wartete. Schmiss ein paar Tabletten, gegen die Schmerzen und gegen die Angst. Die Träume zerplatzten. War gestern nicht noch Wachablösung? Und jetzt hing alles dem Grotifanten.

Und der verdammte Grotifant zierte sich? Verrückt. Das Leben wurde immer unerklärlicher, man konnte es auf die Godfathers reduzieren. Birth, School, Work, Death. Erfolgreicher wurde es dadurch nicht.

Ich glaubte nicht mehr an ein Zeichen. Redermann ging nicht mehr ans Telefon. Auch der Grotifant reagierte nicht auf meine Nachricht. 

Dann das. Erst ging der Daumen hoch. 

Und wenig später schickte der Grotifant einen Screenshot:

„Wir haben am Wochenende sogar spielfrei! Schwarz-Gelb steht mir aber leider überhaupt nicht…  Trotzdem danke für das Vertrauen und viel Glück am Samstag!“

Glück, Glück, Glück. Ich platzte fast vor Wut! Aber war das nicht auch ein Zeichen? Ich öffnete ein Kronen und wartete. Ein paar Minuten, vielleicht zwei Kronen. Dann lief die Meldung über den Ticker:

„Franck Ribery fällt aus. Rippenbruch!“

Ich kniete nieder. Der Grotifant schickte ein Bild hinterher. Es zeigte ihn mit Klopp. Was hatte das zu bedeuten?



Wenig später rief Redermann an: „Das war Teil 1. Warte ab! Ich liebe den Grotifanten!“

Und so wurde der Grotifant Teil der BVB-Vereinslegende. Die Welt war in Ordnung.