Wer bin ich eigentlich, frage ich mich manchmal. Wer bin ich eigentlich, dass ich mich zu den Konstrukteure zähle, nachdem alles bislang probierte einfach auch mal grandios gescheitert ist. Nun befinde ich mich auf der höchsten Stufe der Geheimhaltung, im geheimsten aller Geheimbünde, im angesagtesten Club der Stadt muss ich längst nicht mehr anstehen und Reiser will zwar seinen Frieden mit mir machen, aber ich nicht mit ihm. Diese Wahl, auch wenn er mich, so glaubt er zumindest, jetzt mit einem Bierflaschenwurf drankriegen will, ist eine große Befreiung. Nicht nur für mich, sondern für Redermann, Amok und die ganze anhängende Mischpoke. Niemand muss sich mehr etwas sagen lassen, denn wir sind die Konstrukteure. Also zumindest Redermann und ich sind Konstrukteure, Amok noch Konstrukteurspraktikant. Aber auch das muss man erst einmal werden.
Seltsam. Noch gestern hing ich in der Erdgeschosswohnung fest, hatte Angst vor der Sonne, ich verabscheute sie sozusagen und wann immer es ging, schraubte ich mir in der Kneipe die Biere rein, und auch dem Schnaps war ich nicht abgeneigt. Es bestand keine Hoffnung, es war eine ausweglose Situation, und als dann auch noch die Sachen mit der Meisterschalmafia über mich hereinbrach, war ich am Ende der Bahnstrecke angekommen. Meine Lebenslinie, das muss ich mir immer wieder ansehen, brach an dieser Stelle der Innenseite der Hand und doch zerbrach ich nicht an der Meisterschalmafia, sondern machte mich auf Spurensuche. Dass ich dabei auf Piotr zurückgriff, stellte sich im weiteren Verlauf als der glücklichste Zufall heraus. Ein Typ, den ich ewig nicht gesehen hatte, der mir nichts weiter als eine lose Spur in einem meiner Fälle, und wenn es auch der privateste Fall war, es war ein Fall!, versprochen hatte, bringt mich zurück in die Spur, indem er mich in ein Unterwasseraquarium in den Masuren schickt.
All die Wunden verheilten dort. So wie es der Zeit zugeschrieben wird, so war es bei mir das Unterwasseraquarium und der Film über mein Leben. Sie hatten sich bemüht und sie gaben mir das Selbstvertrauen zurück. Jetzt in der Nordstadt spiele ich meine Rolle einfach weiter, und doch hat sich so viel verändert. Natürlich kann ich die Rolle nicht einfach so weiterspielen, ich musste Reiser einen mitgeben und das war sogar noch viel zu milde. Reiser hat viel mehr Ärger, viel mehr Pech verdient, doch ich werde warten. Ich habe lange genug gewartet und ich bin viel zu lange mit Reiser mitgegangen, denke ich. Mitgegangen, weil es in dem Moment nicht anders ging. Ich habe mich moralischer Verbrechen schuldig gemacht, von denen andere Menschen nicht einmal zu Träumen gedenken und die jenseits jeder Vorstellungskraft sind. Und diese moralische Schuld, die immer auf mir lasten wird, wird in den kommenden Jahren meine Erinnerung und Antrieb sein.
Und was aus dem Verein wird? Kann ich da noch einmal anschließen, kann ich noch einmal auf die gute Seite wechseln? Oder habe ich einfach zu viele dunkle Seiten gesehen, um das Licht noch einmal zu finden? Ich werde es sehen. Es wird passieren und Redermann und Amok werden an meiner Seite stehen.