Sicher gibt es gebrauchte Tage, habe ich auch. Blöd nur, wenn ein gebrauchter Tag auf einen Spieltag fällt, Young Guns! Blöd auch, wenn ich dazu in der Erdgeschosswohnung festsitze und nicht einmal mehr Kohle für ein paar Bier habe. Mein Deckel bei der Wentraud ist weiterhin unbezahlt und jetzt da sie ihren Laden dicht macht, will sie mir auch keinen Kredit mehr gewähren.

Und so sitze ich den Tag über relativ inspirationslos in der Erdgeschosswohnung rum, renne von der Küche ins Schlafzimmer und zurück. Zünde mir eine Kippe an, folge den Ausschreitungen in Athen und lasse mich von der Hysterie anstecken. Ich bin nicht bei mir. Hin und wieder denke ich an die desaströse PK, die wir zeitgleich mit der Champions League-Losung abhielten. Auch denke ich an Neven, der sich gemeinsam mit der gesamten Abwehr den Protesten angeschlossen hat oder eben anschließen wird. Klar ist das nicht. Redermann wollte es mir nicht glauben, aber wieder ist es mein Informant, der mir das zuspielt. “Sie werden sich anschließen, nicht jetzt, aber heute!”, schreibt er mir.

Auch wenn ich keinen Plan habe, was davon zu halten ist, so mache ich mir immer mehr Sorgen um das Abendspiel. Weiter, immer weiter spinnt sich meine Hysterie. Kommt die Mannschaft überhaupt durch, darf in dieser bürgerkriegsähnlichen Atmosphäre überhaupt angepfiffen werden? Ich schaue in meinen Ermittler-Handbüchern nach, doch einen ähnlich gelagerten Fall hat es in der langen Geschichte der Konstrukteure noch nicht gegeben. Wie auch? Wir sind die erste echte Fußball-Zelle. Piotr und Tomasz haben hin und wieder mit den großen Jungs gespielt, doch mehr als Verwirrung stiften konnten sie nie. Langsam zweifle ich an dem ganzen Konstrukt. Langsam aber zweifle ich auch an unseren Fähigkeiten. Sollten sich Neven & Co wirklich den Protesten anschließen, haben wir am Abend keine Chance, hätten wir am Abend auch keine Chance gegen Augsburg.

Als sich Redermann meldet, gehe ich nicht dran. Ich bin immer noch sauer, er steht immer noch unter Verdacht. Hat er die Seiten gewechselt? Hat ihn die Staatsanwaltschaft im Süden angeworben? Es ist mir egal. Es ist mir zumindest jetzt egal. Er soll seinen Funk woanders hören. Mir bleibt nur die neue Chris de Burgh, die mir meine alte Musikindustrieverbindung in einem Anfall geistiger Umnachtung geschickt hat. Aber sie liegt da und sie muss gehört werden. Der Weichspüler singt “Seven Bridges”, mir wird schlecht. Ich stürze aufs Klo und muss mich übergeben. Noch schlimmer als Cutting Crew.

Aber nicht schlimmer als der abendliche Protest der Young Guns. Es ist nicht auszuhalten. Es beginnt mit dem feigen Kerner in Leverkusen und es endet mit dem sülzenden Schmelzer in Griechenland. Es ist ein gebrauchter Tag. Und ich habe nicht einmal Bier da.