Darf es ein bißchen mehr sein, fragte die Verkäuferin des schäbigen Wurststandes im U-Bahnhof Osloer Straße. Und nein: Es durfte nicht ein bißchen mehr sein. Schon gar nicht von dieser Wurst. Ich wusste überhaupt nicht, wieso ich an diesem Stand gelandet war. Da gehe ich wochenlang, ohne nur im entferntesten an einen Wurstkauf im U-Bahnhof Osloer Straße zu denken, an dem in Treppenlage platzierten Verkaufsstand vorbei, weil ich eben daran vorbeigehen muss, wenn ich mich aus dem U-Bahnhof Osloer Straße in Richtung Tageslicht machen will und auf einmal das. Mit – natürlich .- der beschissensten und ewig gleichen Frage aller Wurstfachverkäufer. Was blieb mir übrig?

Am Ende beharrte ich auf 200g vom Schlackwurstaufschnitt und ließ mir nicht – weil ich doch ohnehin bereits über 100g geordet hatte – 220g andrehen. Ohnehin wollte ich keine Schlackwurst essen. Aber es hatte mich zu dem Stand gezogen und es wäre einfach unhöflich gewesen, schweigend und ohne Bestellung den Betrieb aufzuhalten. Und so stand ich da, bestellte Schlackwurst, hörte mir den dummen Spruch an, geriet in eine Diskussion über den Unterschied zwischen 10% und “ein bißchen” und fragte mich immer wieder, ob das jetzt alles sei. Ich sah mich bis in alle Ewigkeit mit der Wurstfachverkäuferin diskutieren. Stillstand. Verharren. Nur die Schlange hinter mir würde immer länger, und die Polizisten sich wundern. Niemand würde nur ein Wort sagen, doch mit der Zeit würde die Schlange einmal durch die Bahnsteige der U9 und U8 reichen, von dort auf die Straße am White Wedding vorbei, zurück in den Bahnhof und dort würden sie stehen und warten. Alle Bewohner der Stadt, dachte ich, würden sich irgendwann in die Schlange einreihen, der Verkehr einen Infarkt erleiden und nichts mehr würde in der Stadt funktionieren. Jeder Mensch braucht Wurst, wenn er nicht gerade einer Spielart des Vegetarismus verfallen ist, und jeder Mensch, der sich in dieser Stadt bewegt, landet am Ende seiner Reise am U-Bahnhof Osloer Straße.

Sie packte mir die Wurst ein, ich stieg die Treppen hoch, ging in die Seitenstraße, stieg die Stufen zu meiner Wohnung hoch, packte die Wurst wieder auf, schnitt mir eine Scheibe Brot ab, verfeinerte sie mit ein wenig Butter, legte die Schlackwurst auf das Brot und aß genüßlich. Es war Freitag, der 20.01.2012.