Die Probleme der Fans waren seit einiger Zeit nicht mehr meine Probleme. Manchmal fand ich das gut, doch zumeist fragte ich mich, ob ich mich nicht nur räumlich von den Fans distanzierte hatte. Im Wettkampf mit dem Boulevard lieferte ich zwar Tag für Tag Nahrung für schlagzeilenhungrige Leser, dabei vergaß ich jedoch die Nöte der Fans. Redermann hatte mich das eine oder andere Mal auf diese Entfremdung hingewiesen, ich sie jedoch lächelnd abgetan. „Mir doch egal“, hatte ich ihm stets geantwortet, auf die Hölle der Ermittlungen in Scharnhorst hingewiesen.

Bislang war aber noch kein Fan auf vergleichbar schrottige Ideen gekommen. Niemand hatte ein Iglu gebaut, niemand hatte die Meisterschaft als gewonnen deklariert. In der Tat aber trieb ich mit DerSamstag! die Planungen für zahlreiche Saisonabschlußfeierlichkeiten voran und reihte mich somit in die Reihe der Unverbesserbaren ein.

So über meine Veränderung sinnierend, streifte ich durch das Gesundbrunnenviertel. Erst hatten sie den Bahnhof dorthin gesetzt, dann auf der anderen Seite einen weiteren Shoppingtempel. Der U-Bahn Eingang war der letzte verbliebene Hinweis auf die Vergangenheit ohne Shopping-Center. Ich traute mich nicht in den Center. Die Menschen dort machten mir Angst. Sie kauften sich Pizza für 1€ / Stück. Flanierten damit durch die Passagen, ließen sich auf Sitzgelegenheiten neben künstlichen Pflanzen nieder. Manch einer, dachte ich die in den Center stürmenden Menschen beobachtend, verbringt seine Tage ausschließlich in der sterilen Atmosphäre der monströsen Gebilde. 63 davon sollte es in Berlin geben, mehr als in Hamburg, Dortmund, Köln und München zusammen. Sie nahmen den Menschen die Freiräume und pferchten sie in Shopping-Center ein.

Zu etwa gleicher Zeit ereignete sich in Dortmund einer dieser Skandale, die mich noch vor einem halben Jahr zu intensiven Ermittlungen veranlasst hätten. Wie diverse Internetquellen berichteten (und der zufällig anwesende Redermann mir später bestätigte) spazierten noch bevor die auf Karten für das Ponyreiten wartende Masse Einlaß gewährt wurde, ein paar Ordner mit Blankokarten aus der Geschäftsstelle. Natürlich, so Redermann, drückten sie den Schlangestehern keine Karten aber ein paar Sprüche in die Hand. „Hier: Eintragen! BVB – SC Freiburg und BVB – BMG!“.

Die Sache stank gewaltig, doch ich war machtlos. Kurz noch recherchierte ich beim Verein, der mir bedeutete, dass ich meine Nase gefälligst nicht in den Wind halten solle. Nur so sei mir das Ticket fürs Pokalfinale gewisse. Ich versprach Besserung, pfiff Redermann zurück. Einige Minuten später erhielt ich, wie zufällig, einen Anruf von der Ticketingabteilung. Man habe mir, verkündete der Anrufer, für meine Verdienste um den Verein gerade vier Tickets für das Pokalfinale zugeteilt. Boy, hatte ich mich von der Basis entfremdet und fühlte ich mich gut dabei. Alles andere wäre doch auch nicht normal gewesen.