Am Sonntag ist die Welt wieder OK. Mehr als OK. So sehr ich den Frühling auch verachte, wenn er mir mit seinem Sonnenlicht ins Gewissen scheint, so sehr liebe ich das ausklingende, schwächer werdende Herbstlicht. Die herabfallenden Blätter in all ihrer Endlichkeit, die weiten Felder, die unendliche Weite der nördlichen Vorstadtfelder. Nach langer Zeit habe ich meinen Walkman wieder dabei. In einer Endlosschleife höre ich da den Wintersong vom ewig grimmigen Chris Hooson. Und lass meinen Blick über den Kanal schweifen, steige auf die Halde und sehe die letzten Manifeste des Stahlstandorts vor meinen Augen.

Gibt es überhaupt bessere Möglichkeiten, Kraft zu schöpfen? Der Blick über die Heimat? Die vereinzelten Spaziergänger, die vorbeistreifenden Zugvögel, die Enten auf der Emscher? Vor den Konstrukteuren stehen mal wieder ein paar entscheidene Wochen. Jetzt im nahende Winter werden wir unsere Möglichkeiten noch besser nutzen können. Verlieren die Menschen ihre Lebenslust, gewinnen wir unsere immer mehr zurück. Der Begriff Winterdepression ist einem Konstrukteur von Haus aus fremd. Meist plagt er sich ohnehin mit einer ausgewachsenen Depression rum und mag den Aspekt der Chancengleichheit im Winter.

Während ich Richtung Bahndepot in Obernette spaziere, gehe ich mit dem Wintersong auf den Ohren noch einmal die akutellen Projekte durch. Amok werde ich weiter auf Hoppenheim ansetzen, mit Lothar haben wir einen Mann bei den Konstrukteuren und Redermann und ich planen für den kommenden Samstag gegen Köln eine größere Aktion in der Kneipe. Es soll eine Art Infoabend für angehende Konstrukteure werden. Lange haben wir unser Potential noch nicht ausgeschöpft und bei Spaß + Tanz mit der Wirtin werden wir ein paar Hinweise geben, wie man sich aktiv und also im kleineren Kreis – es muss nicht immer gleich Occupy World sein – gegen die Repressionen wehren kann. In dieser Woche werden wir erst einmal die Amok-Karte ziehen müssen. Da hat mir die Wirtin, so weit ich mich an den Freitag noch erinnern kann, doch ordentlich die Leviten gelesen. Großmaul spricht wieder, ist nichts, was ich über Amok, Redermann oder mich hören will. Am Abend werde ich noch einmal mit Amok sprechen und das weitere Vorgehen zumindest grob planen.