Das Problem am Café King: Auf der Getränkekarte steht kein Kronen. Nicht einmal Export. Ansonsten lässt es sich in dieser Lokalität in der Nähe des Kudamms jedoch prima aushalten. Gerade an Champions-League-Abenden. Da hängen sie alle dort rum und starren auf ihre Tippzettel. Teils wirklich abstruse Ergebnisse sind dort zu lesen. Da hänge ich mich dran. “Alter, kein Problem. Mach Zagreb Halbzeit 0 und kombiniere mit Weiterkommen Lyon. Verstehste?” Zwar nicht. Fülle trotzdem nen Schein aus. Man führt mich ins Hinterzimmer. Mit 100€ wäre ich dabei.
“Aber wie soll das gehen. Das sind doch einige Tore. Sagen wir 6 Tore Vorsprung. Und Ajax muss erst einmal verlieren. Das klappt doch nie?” Sie klären mich auf, dass manche Sachen klappen und manche Sachen nicht klappen. Man müsse aber immer wenigstens mit 100€ dran glauben. Und vom Gewinn dann wieder 20% abführen oder spenden, wie sie sich genauer ausdrücken. Wofür die Spende ist, wollen sie mir nicht sagen. Es werden wohltätige Zwecke sein. Vor Weihnachten. Obwohl ich blank bin, kratze ich meine letzte Kohle zusammen, die Quote auf dem Schein kann ich kaum noch lesen. Sie sieht, so viel ist mir aber klar, nach okayem Reichtum aus.
Auf den Tischen liegen ein paar ausgedruckte Mails. An den Seiten sehe ich handschriftliche Vermerke. “Beweis vernichtet!” “Vino. Go Vino!”. Eigentlich war ich hier nur reingestolpert, auf der Suche nach ein wenig Ablenkung vom Frust. In der U9 hatte ich über den Dortmunder Weg nachgedacht. Das Ausscheiden, das Aufgeben. War das richtig. Mussten sie es komplett herschenken? Am Ende des Tages aber waren sie nur frustrierte junge Menschen unten auf dem Platz. Ohne Wunder. Mit Wunden. Sie würden verheilen. Und so ist der Fußball. Auch für Piräus. Jetzt sitze ich im Hinterzimmer im Café King und schaue auf die Monitore. Fantastische Ausstattung. Und gute Drinks. Sogar Kronen schaffen sie mir ran. Die 100€ haben eine Tür geöffnet. “Kein Problem. Freunde bekommen alles”, erklären sie mir. “Feine Kerle”, denke ich mir.
Nicht viel passiert. Zagreb verliert einen Spieler, zur Halbzeit steht da wirklich die 0. In Amsterdam lässt sich der Schiri nicht lumpen, erkennt zwei blitzsaubere Ajax-Tore nicht an. Sie liegen zur Halbzeit 0-2 hinten. Aber da fehlen immer noch ein paar Tore. 5 an der Zahl. Ich werde nervös. Sie vergewissern mir, dass da noch was passiert. Und überhaupt, ich solle mich jetzt nicht so anstellen. Ein 0 zur Pause bedingt ein Unentschieden zur Pause. Das müsse mir doch klar sein. Das wäre das Fußball 1×1. Sie haben Recht. Zum Glück aber kein Mißtrauen. Wüssten sie, wer ich bin, hätte ich vielleicht ein Problem. Am Ende des Tages war mir jedoch ziemlich egal, womit ich mein okayen Reichtum erzielte. Hauptsache Geld! Dann geht es schnell. Ich schaue jetzt nur noch auf den Zagreb-Monitor. Dort fallen die Tore jetzt im Minutentakt und wenn man ganz genau hinschaut, wie ich das so gerne mache, sieht man hin und wieder ein paar Zagreber Spieler beim Augenzwinkern. Die Nummer läuft. Und vorsorglich sogar noch besser. Nach 90 Minuten steht es 7-1 für Lyon, in Amsterdam passiert nichts mehr. Wir tanzen und singen bis spät in die Nacht. Endlich neue Freunde. Wer weiß, wofür sie noch gut sein werden. Endlich Reichtum, wer weiß, wofür der noch gut sein wird.