Auch auf zahlreichen Bahnfahrten konnte Dembowski seine Verfolger nicht abschütteln. Im Süden stellten sie ihn.

In den letzten Tagen beschlich mich das blöde Gefühl, dass ich nicht alleine war. Ging ich auf die Straße und blickte mich um, sah ich aus dem Augenwinkel immer wieder mir bekannte Gestalten. Noch war ich mir nicht sicher, wie ich sie einordnen konnte. Aber mal rempelte mich jemand an, mal beschleunigte ein Auto während ich den Zebrastreifen in der Soldiner überquerte und mal sprangen in letzter Sekunde ein paar Leute in die S-Bahn. Ich war mir nicht sicher, wer diese Leute, und es waren viele, überhaupt waren und woher ich ein paar der Gesichter kannte. Aber ich kannte sie. Ich kannte ihre Gesichter. Ich hatte sie schon einmal gesehen. Hasserfüllt gesehen. So wie ich ihre Gesichter jetzt aus dem Augenwinkel wahrnahm und sie nichts anderes ausdrückten. Sie waren im Hass geboren, sie wirkten wie kleine Fußsoldaten einer größeren Bewegung.

Manchmal versuchte ich sie abzuschütteln, dann fuhr ich nicht ins Büro, fuhr nicht in Richtung Moabit, um meine täglichen Besorgungen zu machen. Aber auch im Süden sah ich die Gesichter, sah die Schatten, sah die Häusereckensteher. Es war mir nicht ganz geheuer. In einem Café im Berliner Süden ging ich den „Unzulänglichkeiten“-Ordner noch einmal durch. Die Namen hatte ich längst an Frank Berg weitergeleitet. Wenn mir auch nicht einfallen wollte, woher ich den Ordner hatte, so war ich mir der Brisanz der in ihm enthaltenen Fakten durchaus bewusst. Aber das Leben konnte nicht nur aus Lewandowski-Transfergerüchten bestehen. Wenngleich dies natürlich die erfreuliche Seite des Geschäfts war.

Über einen Café erreichte mich ein Anruf Redermanns. „Haste gehört? Kroos soll kommen. Das ist mehr als ein Gerücht“, schrie er ins Telefon und betonten MEHR und EIN auf seine unnachahmliche Art und Weise. „Aha“ „Honigstein berichtet. Und der ist immer außergewöhnlich gut informiert. Soll wohl eine Art Tausch werden. Gomez und Kroos im Paket für Lewandowski. Coole Nummer von den Bossen.“ „Naja, Kroos ist jetzt nicht gerade dernier cri, ist keineswegs ein „must have“. Glaubst Du nicht, dass das alles nur Spiele sind?“ „Ach komm, Wenn Honigstein berichtet, muss das stimmen! Der springt nicht auf jeden Zug, der steuert ganze Flotten!“ „Ok. Dann lass uns ….“ In diesem Moment trat jemand an mich heran, zeigte kurz auf seine Hand und die Klinge in dieser verwirrte mich. Aber es überzeugte mich auch. „Redermann, ich ruf zurück.“

Die Verlängerung der Hand war eine grimmige Fratze, eine dieser Fratzen, die mich in den letzten Tagen begleitet hatten. „Danke für den Ordner. Ich denke, Du brauchst den nicht.“ „Doch, doch. Klar. Sind einige interessante Namen drin. Deiner auch?“ „Halt’s Maul, Bürschen!“ Ich kam mir vor wie in einem miesen Groschenkrimi, der irgendwann in den 20ern des vergangenen Jahrhunderts spielte. „Das sind Eure Methoden!“ „Gerne auch anders, Dembowski!“ „Passt schon. Sieht halt irgendwie billig aus. Aber hier, du wolltest den Ordner haben.“ „Danke. Gut für Dich!“ Die Fratze schnappte sich den Ordner und verschwand. Vielleicht würden die Typen mich jetzt in Ruhe lassen. Ich musste Frank unbedingt fragen, ob es zu den Namen auch Gesichter gab. Ohne den Ordner wurde mir schnell langweilig, Redermann und seine Kroos-Phantasien vergaß ich und fuhr heim. Zeit für einen Kommentar.

Dortmund verachtet Euch! 
(berlin / 18.02.2103) Sie sind mitten unter uns. Sie stehen neben uns. Wir sehen sie. Und erkennen sie nicht. Sie spielen mit einer Symbolik, die uns fremd erscheint. Sie nehmen sich das, was ihnen zusteht. Sie sind feige. Sie verfolgen einen. Sie treten in unserem Namen auf. Sie sind unsere Brüder, unsere Schwester, unsere Freunde, unsere Cousins. Wenn wir sie sehen. Wenn wir sie entlarven. Wenn wir etwas merken. Müssen wir aufstehen. Müssen wir handeln. Sie aus unserem Haus schmeißen.
Dieser Zeitung liegen Informationen über die Handlungsweise zahlreicher Dortmunder Nazis vor. Diese Zeitung wurde attackiert. Und diese Zeitung wird handeln. „Dortmund“, sagen sie „bleibt rechts“ und agieren auf vielen Ebenen. „Dortmund“, schreien wir ihnen entgegen „verachtet Euch!“. Sie sind mitten unter uns und wenn sie sich bedroht fühlen, suchen sie uns auf und machen Druck!
Sie verzichten nicht auf Gewalt, sie verzichten nicht darauf, ihr Revier auf den Tribünen zu markieren. Ihre Drohungen sind Einschüchterungen. Dortmund, die Borussia und die Fans haben es zu lange ignoriert. DerSamstag! fordert: Benennt ihre Namen! Sagt ihnen: Dieser Platz ist nicht für Euch bestimmt! Redet über die Einschüchterungen! Redet über Eure Angst! Lasst Euch nicht unterdrücken. Dortmund hat ein Nazi-Problem und das lässt sich mit einem Banner nicht zur Seite wischen. (dembowski / DerSamstag!)