Das Geschäft läuft, wer hätte das gedacht. Eine perfekte Woche. Aufträge über Aufträge. Ich komme kaum noch nach, über meine Bewegungen nachzudenken, geschweigen denn sie in Worte zu fassen. Da ist der Fall mit der Affenmannmaske, die ohne Mann in der Meisternacht in der Kneipe verschwunden ist. Da ist der Fall des gestohlenen Banners auf dem Borsigplatz, der Fall mit dem Meisterstich, über den ich momentan einfach noch keine Worte verlieren darf, zu dem ich vielleicht jedoch am 16.05 eine Pressekonferenz, es wäre meine erste PK!!! drückt mir die Daumen!, geben werde, da wäre dann natürlich Anwesenheitspflicht. Und all derweil versuche ich mit sozialem Druck auf den großen Nuri einzuwirken und wundere mich über die ausbleibenden Anrufe von Martin und Reiser.
Ob ich mal in der Meisterredaktion vorbeischaue? Ich habe einfach keine Zeit dafür. Sogar die Wentraud kann es gar nicht fassen, wenn ich morgens mit Anzug, Krawatte und Köfferchen aus dem Haus gehe und erst zu spätester Stunde in meine Wohnung zurückkehre. „Dembowski, was ist mir Dir los?“ schreit sie mir dann entgegen und auf während ich ein Bier mitnehme antworte ich lässig „Ermittlungen. Du kennst das ja. Das Geschäft läuft!“ Ich lege ihr dann immer noch eine Visitenkarte auf die Theke.
dietfried dembowski – ermittler – rufen sie uns nicht an, wir finden sie
„Falls mal einer fragt, drück ihm die Hand!“ sage ich meist und gehe weiter in die Erdgeschosswohnung. Noch schnell das Bier trinken, die Aufzeichnungen des Tages durchgehen, die Nichtrückmeldung von Martin im Netz bestätigen lassen, aus den Sachen raus, die Abendkleidung an, in den Waschsalon, während der Wäsche auf ein Bier in die Kneipe, dort die Leute zum Affenmaskendiebstahl befragen, eine Ernte anzünden, zum Waschsalon, die Wäsche in den Trockner, noch ein Bier, noch eine Befragung, mich über das Fernbleiben von Reiser wundern, eine Runde am Flipper, ein Song auf der Jukebox (meist: Griechischer Wein), die Wäsche abholen, ins Bett und wenn der Wecker klingelt, geht es weiter. Ich kann nicht einmal drüber schreiben, die Ermittlungen momentan sind mit die geheimsten von mir je geführten Ermittlungen. Ok. Der Fall mit der Affenmaske ist abgekoppelt, aber Banner und Meisterstich. Was für eine Geschichte. Worauf ich mich da nur wieder eingelassen habe? Klar, gibt gut Kohle. Aber sonst. Die Affenmaske? Die Affenmannmaske war einfach weg. Als ich mal wieder in der Kneipe war, sagte die Wirtin: „Dembowski, das ist doch ein Fall für Dich! Ermittel mal. Ist in der Meisternacht einfach verschwunden.“
Jetzt muss man sich vorstellen, dass diese Affenmannmaske nicht einfach so verschwinden kann, die hing direkt über der Theke, baumelte an einem Faden, drehte sich im Kreis, auf der Rückseite die Schale, auf der Front prangerte die Affenmannmaske. Da, ich denke, ich verrate keine Geheimnisse, muss natürlich erst einmal der Tatort besichtigt werden, im Anschluß lässt man sich eine Liste sämtlicher Gäste der Tatnacht geben, Raucherclub! sei Dank ist das auch kein Problem, nach Tatortbesichtigung und Tatnachtgästelistenstudium werden die Befragungen durchgeführt. Natürlich am Tatort.
Vorgestern hatte ich Yvonne und Frank zur Befragung eingeladen. Ein höchst verdächtiges Pärchen aus dem Süden der Stadt. Nach außen wirken beide sehr unscheinbar, doch ihre Seelen scheinen von einer besonderen Lust am Leid durchdrungen. „Wir waren in der fraglichen Nacht nicht in der Kneipe, Dembowski. Deine Methoden sind einigermaßen fragwürdig, Deinen Gedankengängen kann kein Mensch folgen“ wiederholten sie mantraartig und doch war da etwas an ihren Stimmen, ihren verstohlenen Blicken, das mich an ihren Beteuerungen zweifeln ließ. Ich versuchte sie durch geschickte Überleitungen aus dem Konzept zu bringen, gleichzeitig in die Ecke zu treiben.
„Aber die Affenmannmaske macht sich gut im Auto?“ „Ich weiß nichts von einer Affenmannmaske, was soll das überhaupt sein?“ „Hinten drauf ist eine Schale.“ „Und“ „Und was“ „Wieso soll ich die besitzen, wenn ich überhaupt nicht hier war.“ Sie wussten nichts mehr von der Liste. Jetzt hatte ich sie. Und ich habe sie immer noch. Werde sie jedoch noch ein wenig warten lassen. Andere Dingen haben Vorrang und die abendlichen Befragungen sind mir einfach zu wichtig. Und dann ist da immer noch die Sache mit dem Meisterstich und dem Banner. Was für Wochen. Das Beste: Der Frühling stört mich gerade nicht, ich ermittel einfach in der U-Bahn.