Dembowski machte sich einen Spaß daraus, die sonntäglichen Kneipengänger als Suffköppe zu bezeichnen. Geriet er in Schwierigkeiten zückte er das Regelwerk der Sonntags-Trinker.

„Die Titulierung als Suffkopp, mein lieber Herr Dembowski“, sagte mir mein Anwalt am Telefon „ist jetzt in der Welt. Was einmal im Internet steht, kommt da so schnell auch nicht mehr raus.“ Es war ein verdammt harter Sonntag, ich schlug mich nicht nur mit einem ausgewachsenen Kater rum, den ich nach einigen Stunden mit ein paar Konterbieren ganz gut im Griff hatte, sondern eben auch mit der unglaublichen Diffamierung seitens des angeblich so renommierten Fan-Magazins schwatzgelb.de.

Auch Any Given Weekend fiel mir im Laufe des Tages noch in den Rücken und ich fragte mich, was ich getan hatte, um die Dortmunder Fanszene derart gegen mich aufzubringen. Ich hatte eine Rote Karte für Götze gefördert, die vielleicht nicht von den Regeln aber immerhin von meiner eigenen Moral gedeckt war. Es konnte nicht sein, dass sich unsere Spieler auf dem Platz zu derartigen Unsportlichkeiten hinreißen ließen. Das hatten wir nicht nötig, auf diesem Standpunkt würde ich verharren, für diesen Standpunkt würde ich kämpfen, wenn er auch mit meinen neuen Aufgaben kollidierte.

Ich war sauer, verdammt sauer. Bei einem kleinen Kiezspaziergang trug ich meine Wut offen zur Schau, schubste Leute vor Bushaltestellen, beobachte die Kneipengänger, nur um ihnen „Suffkopp“ hinterherzuschreien. Um, sobald sie auf mich zuschritten, ihnen das eilends angefertigte Regelwerk der Sonntags-Trinker als Schutzschild entgegenzuhalten.

Nummer 1: Du hast das Recht zu trinken. Nüchternheit ist ein Verbrechen.
Nummer 2: Du hast das Recht auf einen Deckel. Wenn Du später auch zahlen kannst
Nummer 3: Du hast das Recht zu tanzen. Außer Du gehst in eine Kneipe.

Wenn die Punkte für sich genommen auch keinen Sinn ergaben, so war die Summe der unfertigen Regeln dazu geeignet, mir die lästigen Querulanten, die sich nicht als Suffkopp bezeichnen lassen wollten, vom Hals zu schaffen.

Als ich wieder in die Wohnung zurückkehrte, legte ich die Know Your Rights-Single auf und fühlte mich mal wieder bestätigt. Wenn Du Deine Rechte kennst, bist Du immer noch aufgeschmissen. Und wenn Du die Fußball-Regeln an Deiner eigenen Moral ausrichtest, bist Du aufgeschmissen, wirst mit Teer und Federn aus Deinem eigenen Verein gedrängt.

„Wie können wir diesem Schmierfinken beikommen?“, fragte ich meinen Anwalt. „Wird verdammt schwierig. Die Behauptung ist da draußen, ne Gegendarstellung ändert vielleicht ein wenig, aber nicht einmal dazu werden wie sie bewegen können.“ „Wieso nicht?“ „Wenn Du Dich hören könntest, würdest Du die Frage nicht stellen. Weil Du ein verdammter Suffkopp bist! Wie sollen wir das widerlegen, wenn Du ständig blau bist!“ „Arschloch!“ Der Typ war die längste Zeit mein Anwalt gewesen. Ich drückte ihn weg, ging zum Kühlschrank und machte eine Bestandsaufnahme. Mir fiel auf, dass ich mich seit einigen Wochen scheinbar von nicht-alkoholischen Getränken fern gehalten hatte. Vielleicht erklärte das meine Stimmungsschwankungen?

Zum Glück sicherte Redermann mir am Ende des Tages seine Unterstützung zu. Er würde, schrieb er mir, mal mit Web reden und die Sache auf seine Art klären. Das gab mir Hoffnung.