Wie sich schon bald herausstellen sollte, war die Copyright-Geschichte nur das Vorspiel für das große Nichts. 
Die Sache hatte sich relativ bald erledigt. Ein paar Briefe brachten mir einige Nullen vor dem Komma. Es lief rund. Ich hatte meinen Schwung wiedergefunden. 
Ich vertrieb mir die Zeit mit Spaziergängen durch den herbstlichen Kiez. Manchmal zählte ich die „Jesus“-Sprüche, manchmal wandelte ich für die Kids auf dem Wasser, doch meist machte ich aus Wasser Wein und brachte meinen Lohn bei Kamine & Wein durch. 
Hin und wieder machte ich dort ein paar Handydiebe dingfest. Der Inhaber dankte mir mit noch mehr Wein, die Polizisten nannten mich ehrfurchtsvoll „den Ermittler“. Ich hatte den Nebel wieder einmal besiegt. 
Auch mit der Borussia siegte sich durch die Liga. Wenn ich mich gegen Hannover auch langweilte, so war ich wenigstens mal wieder im Westfalenstadion. Nichts geht über den Stadiongeruch. Nichts. Auf dieser Welt. Redermann war mir zu trinkfest. Ich fuhr heim. Dörte besuchte mich. Dörte fuhr wieder. Dortmund schlug Arsenal. 
In all der Zeit hatte ich ein Auge auf derSamstag! Der bedeutete mir nichts mehr. Er war aber ein guter Zeitvertreib und mit den neuen Strukturen konnte ich mich gedanklich von dem Blatt verabschieden. Dort ging es um Auflage, dort ging es um Erregung, dort ging es um Provokation. Die Wahrheit blieb schon einmal auf der Strecke. Aber die Leute liebten es. Hatte ich das Gefühl. 
Ich traf mich mit den neuen Schreibern. Windige Typen. Sneakersträger. Sie kamen aus einer anderen Schule. Machten ihre Sache jedoch gut. Sie schrieben und schrieben. Und so war ich da raus. Dörte besorgte ich eine Präsentation für den 1.Welt-Lamatag, den sie für den 03.12. angesetzt hatte. Sie plante aufgeregt. Vielleicht kommen wir in die offizielle Welttag-Liste, sprudelte es einmal aus ihr heraus. 
Die Lamas, sagte sie, wurden zwar immer fetter. Aber es ging ihnen gut. Koi fürchtete sich ein wenig vor dem Winter. Und verfluchte die Blätter, die der Herbstwind auf den Teich wehte. Manchmal, sagte Dörte, fragte er nach mir. Die meiste Zeit erregte er sich jedoch über die Blätter, und fürchtete sich vor Eisdecke. Er war ein feiner Karpfen, aber zugegeben ein wenig simpel gestrickt. Natürlich würde ich ihm wieder Löcher bohren. Das musste er vergessen haben. Guter Koi!
Manchmal hörte ich mir die alten Dörte & Dietfried-Aufnahmen an. „Hey, bist Du auch aus Kürbis“ war in Würde gealtert und in einer gerechten Welt ein verdammter Hit. In ein paar Jahrzehnten würde es jemand ausgraben, doch dann waren Dörte und ich längst nicht mehr da. Ausgewandert! An den Rand der Welt. Dort, wo es nur noch uns und die Lamas gab. 
Das war der Plan. DerSamstag! musste das Geld bringen. Das mit Borussia dann, das würde ich auch verkraften. Auch echte Liebe hält selten ein Leben lang. Und wenn doch, sie würde auch die Distanz verkraften. 
Seit Wochen schon hatte ich mich auf meinen Trip nach Gelsenkirchen gefreut. Und so machte ich mich am vergangenen Samstag auf den Weg. Das Black Ticket der Deutschen Bahn war einfach gut! Noch fuhren die Züge über Magedburg, der Bruchbude des Ostens, dessen Anblick die zwischen Hannover und Berlin Eilenden genossen. Leerstand, Stillstand, die zerfransten Ausläufer der Elbe. Gegen die Hektik. 
Die dann kurz nach Hamm ausbrach. Nicht bei mir. Die Streckensperrung stellte sich als Fußballfans im Gleis heraus, mich fuhr die Bahn direkt nach Gelsenkirchen. Erst traf ich Redermann, dann einen Mann von der großen Presse, der mich gleich  zu der neuen DerSamstag!-Strategie ausfragte, mir drohte, mich als Blauen bloßzustellen. Es waren substanzlose Drohungen. Ich erzählte ihm nichts. Es gab nichts zu erzählen. 
Und noch vor Anpfiff hatte er es ohnehin vergessen. Ich auch. Die Idioten stürmten kurz vor Anpfiff in den Block. Von meinem Platz beobachte ich, wie sie erst die Glasscheiben verschoben und dann eben loslegten. Was für Idioten. Ich war nach Gelsenkirchen gekommen, um Fußball zu sehen. Nicht diese Egoshow, nicht die neue Variante des alten „unser Dorf ist besser als Euer Dorf“-Spiel. 
Dann feuerten sie wild in alle Richtungen, auf den Platz, in die Tribünen. Sie stürmten aus dem Block. Vorne raus, hinten raus. Raus. Die Polizei musste sie wieder reingetrieben haben, denn wenige Sekunden später waren sie zurück im Block. Vielleicht wollten sie auch einfach nur ihre Position wechseln. Um nicht erkannt zu werden. Wer weiß das schon? Andere lieferten sich auf der Tribüne eine kleine Boxerei mit der Polizei. Wahrscheinlich schrien sie dabei „Jäger muss weg!“. 
Hinterher war die Betroffenheit groß. Ein paar Internethelden rühmten sich mit Insiderinformationen, ein paar Oberschlaue forderten die totale Distanzierung und Großkreutz musste sich dafür schämen, dass er sich nicht geschämt hatte. Die Erregungsmaschine war wieder angelaufen. Der Verein verhielt sich ruhig. Kein gutes Zeichen. Ein paar Statements. Die Ansage, sich dazu erst in 10 Tagen wieder zu melden. Mehr nicht. Der DFB ermittelte. Und was mich betrifft, ich hatte die Faxen satt. So richtig.
Von den Vollidioten, die sich über den Verein stellten. Von den Vollidioten, die die Arbeit anderer, vielleicht sogar ihre Arbeit, in fünf Minuten vernichtet hatten. Von denen,  die diese Idioten jetzt deckten. Von denen, denen es aus dem Ruder gelaufen war, wie man hörte. Von denen. Und von den Relativieren, von den Beschwichtigern, von den Modefans, von den Hipsterfans, von den Besserwissern und von den Nichtwissern sowieso. Ich hatte die Faxen satt. 
Was nahmen sich all die Menschen überhaupt heraus? Was nahm sich diese Welt überhaupt heraus? Was wollten die alle von mir? Ich rief Dörte an und wir träumten ein wenig von der Lamafarm am Rand der Welt. Da wird alles gut, sagte Dörte. Ich bezweifelte das. Ich würde doch nicht loslassen können. Niemals.