Es war an der Zeit, mal wieder richtig einen draufzumachen. Mir graute es vor dem Wochenende, vor einer weiteren Schmach, vor einem weiteren Punktverlust, vor der Länderspielpause, vor den Unwägbarkeiten des Alltags, des Wochenendes, der Nacht, des Morgens, des Tages und des Abends. Ich hatte, das musste ich mir eingestehen, verdammte Angst vor der Zukunft. Kalte, eklige, unbegründete Angst, die mich lähmte, die mir die Energie aus meinem Körper saugte und sie vor mir spazieren trug. Wollte ich sie schnappen, war ich zu spät, war ich zu träge, war ich von der Angst zu gelähmt, um mich dagegen zu wehren.
Mit Alkohol aber hatte ich die Lösung für und den Ursprung all meiner Probleme zur Hand. Zeit für einen guten Abend in der Friedhofskneipe. Zeit, den Anruf Reisers zu vergessen. Reiser hatte erst lange lange Zeit nichts von sich hören lassen, rief dann an, schob sein Nichtvonsichhörenlassen auf Recherche und forderte mich anschließend auf, meine Informanten in der Lewandowski-Sache offenzulegen, sonst würde er. An diesem Punkt des Gesprächs hatte ich aufgelegt. Er war und er würde immer ein großes Ärgernis bleiben. Reiser hoffte scheinbar immer noch, seine Informationen über die Konstrukteure und meine Verbindung gegen mich verwenden zu können. Reiser hatte, das musste ich wieder einmal feststellen, überhaupt keine Ahnung davon, wie es auf der Straße abging und was man dafür tun musste.
Reiser war widerlich und ich regte mich furchtbar auf. Zu den Klängen von „Friends will be friends“ zog ich in die Friedhofskneipe ein. An einem der Tische saß gerade eine Trauergesellschaft und brüllte das „right till the end!“ laut mit. Ich schmiss mich auf meine Knie, streckte meine Hände, meine Finger in Richtung Decke und stimmte ein „hold out your hadns cos right till the end friends will be friends“, stand auf, setzte mich an die Theke und sagte in die einsetzende Stille: „Lebe heute! Weil Du morgen vielleicht schon keine Ahnung mehr hast, was Du heute geplant hast!“ Ich erntete nickende Zustimmung und bewundernde Blicke. „Endlich sagt’s mal einer,“ brüllte jemand vom Tisch der Trauergesellschaft. „Eine Runde für den Ermittler!“ Ich nahm dankend an und trank während jetzt Mr.President mit Up’n away aus den Boxen knallte und ich mich kurz fragte, wen sie da gerade zur Grabe getragen hatten. Es war aber nicht mein Problem.
Mein Problem bestand aus genau 20 Punkten und meine Lösung war ein Bier für jeden dieser Punkte. Der Abend zog sich hin. Irgendwann saß ich alleine da und erklärte der Wirtin noch einmal, was mich an jedem dieser Punkte so besonders störte. Sie hörte mir nicht zu und so sprach ich mehr zu mir als zu ihr und steigerte mich immer weiter in meine Allmachtsphantasien hinein. Noch gab es 27 Punkte und ein Weckruf wurde dringend benötigt. Die Bayern waren nach der Niederlage gegen Arsenal in die Mega-Krise geschlittert, Hoeneß stand kurz davor zu explodieren und in Dortmund war niemand gewillt, die sich bietende Chance zu ergreifen. Es war eine verdammte Scheißsituation. Jetzt ging es darum, die schlafende Masse endlich aufzuwecken.
Als es draußen wieder hell wurde, hatte ich noch 3 Biere zu trinken. Ich würde sie in der Wohnung trinken und schauen, was passiert, was dabei herauskommt. Mich zog es in das schwatzgelb-Forum vielleicht konnte ich dort Mitstreiter finden, vielleicht konnte ich da etwas erreichen.
20 Punkte Rückstand bei 27 noch zu vergebenden Punkten. Die Fakten liegen auf dem Tisch.Wir müssen alles geben, um den Titel noch zu verteidigen. Es ist klar, die Bayern sind in einer Mega-Krise und wir haben einen unglaublichen Lauf (wenn wir jetzt mal auf die gewonnenen Spiele schauen). Heute gilt es, heute beginnt es: Den Rückstand Spieltag für Spieltag um genau 3 Punkte verkürzen, um dann am 04.05. endlich und zum ersten Mal in diesem Jahr die wohlverdiente Tabellenführung zu übernehmen. Keine Ausreden mehr! Gegen Freiburg beginnt sie: Die erstaunlichste Aufholjagd aller Zeiten. Nur noch 20 Punkte! Und denkt dran: Am Ende gewinnt immer der Jäger!
Und erhielt Hohn und Spott als Antwort. Von Interkontinentalraketen und LSD im Trinkwasser war da die Rede, sie verstanden den Ernst der Lage nicht, sie verstanden nicht, dass wir jede sich bietende Chance ergreifen mussten. Das schwatzgelb-Forum war durchtränkt von einer beschissenen „von mir aus können die dies und von mir aus können die das“-Einstellung. Es war hoffnungslos, vielmehr: Sie waren hoffnungslos! Mir aber blieb nicht nur die Hoffnung, sondern die Gewissheit, dass die Aufholjagd im Spiel gegen Freiburg beginnen würde. Ich hatte meine 20 Punkte abgearbeitet und alles lief nach Plan!
treuer schwatz-gelb-leser und genervt von deiner dümmlichen eitelkeit. sorry. nur der bvb.
und wer bist du?
du nervst!