So langsam hatte ich mich an den neuen Rhythmus gewohnt. Ich wachte auf, sah in den klaren Himmel, blickte auf raureifüberzogene Dächer, beobachtete die sich in den westlichen Häusern reflektierende Sonne und wunderte mich ganz allgemein über das Ausbleiben der Flugzeuge. Das war mir bereits im Park aufgefallen und bislang war keine Veränderung in Sicht. Seit zwanzig Minuten bereits stand ich am Fenster, doch nichts passiert. Nur die Sonne wanderte immer höher, und ließ die gegenüberliegenden Häuserwände immer freundlicher aussehen.

Spieltag, Rekordtag. Einen Rekord hatte der BVB bereits vor Anstoß sicher. Die Amas, wie Redermann sie so gerne nannte, traten bereits um 12.30 Uhr zum Derby in der Roten Erde an. Rund 5.000 Karten waren im Vorfeld abgesetzt worden, die Sitzplätze waren gar ausverkauft. Ein würdiger Rahmen für den traurigen Abschied von Uli Behle. Redermann, Amok, wahrscheinlich sogar Reiser. Alle würden sie in die altehrwürdige Kampfbahn gehen, ich aber zurückbleiben. Meine Pläne für den Tag waren anders gelagert. Um 12.25 Uhr aber würde ich, egal wo es mich auf meinen Ermittlungen (dazu später mehr) hintrieb, innehalten und an Behle denken.

Ich trug Trauerflor und spazierte früh in Richtung Bürgerpark. Früh morgens waren die Hundebesitzer wenig aufmerksam. Bereits um 7 Uhr hatte ich es auf 4 Anzeigen gebracht. Gegen 8 Uhr waren im Himmel die ersten Flugzeuge zu vernehmen. Der Ahorn vor dem Fenster kämpfte noch. Aber ganz langsam wandelte sich auch hier die Farbe. Ich hatte mich mit dem Frühling versöhnt, vor mir stand ein Tag im Tiergarten. Spuren verfolgen. Mit Joggern reden. Der Anruf in der vergangenen Nacht hatte mich endlich wieder in eine Spur gebracht.

„Der Finger! Denk an den Tiergarten! Denk an die Möglichkeiten“, hatte der Anrufer gesagt und dann wieder aufgelegt. Und auch wenn ich mir nicht sicher war, ob ich es geträumt hatte, es war mir ein willkommener Anlass durch die innerstädtische grüne Lunge zu schlendern. Vor mir auf dem Küchentisch hatte ich ein paar Karten ausgebreitet. Ich skizzierte die Wege, die ich nehmen würde.

Es war mir eine Freude, meinen Spaziergang dem möglichen Rekorde entsprechend in Form einer 8 zu planen. Die alte Entlastungsstraße nahe des Brandenburger Tors würde mir als Startpunkt dienen. Von dort aus plante ich jeden Stein umzudrehen, und langsam, mit der Siegessäule als Schnittpunkt, in Richtung Zoo zu schreiten. Irgendwo dort würde ich halt machen und Uli Behle gedenken. Irgendwo dort würde ich entscheidende Hinweise finden. Revolution #8! Turn me on, dead man.

Schon seit langer Zeit hatte ich ein Faible für Verschwörungstheorien, jetzt endlich hatte ich mir meine eigene gebastelt. Doch vor den Ermittlungen wollte ich noch schnell den anstehenden Spieltag analysieren. Niemals würde ich auf die Idee kommen, diesen unscheinbaren 24.Spieltag als vorentscheidenden Spieltag zu bezeichnen, doch so länger ich auf die Spiele blickte, umso mehr wurde mir bewusst: Am 24.Spieltag bereits konnte sich die Saison entscheiden und das schrieb ich dann:

Der Spieltag der Vorentscheidung!
(berlin/ 03.03.2012) Ein kurzer Blick genügt: Bayer gegen Bayern, die Blauen in Freiburg, Gladbach in Nürnberg und der BVB daheim gegen Mainz. Der 24.Spieltag ist der Spieltag der Vorentscheidung. Der Meister als Favorit. Aber auch vor dem Rekord. Noch nie haben sie acht Spiele in Folge gewinnen können. Und jetzt kommt auch noch Zidan! Party like an Egyptian. Der umstrittenen Stürmerstar will das fünfte Tor in Folge. Auch so ein Rekord! Kommt der BVB mit einem blauen Auge davon kommt? Sven Bender macht es vor. Doch der BVB kann nur nachlegen. Vorher sind die Bayern und die Blauen gefordert. Mit Länderspielrückenwind (die Bayern!) und ohne den Hunter (die Blauen!). Der Druck ist im Süden zuhause. Doch die Schwere im Westfalenstadion. Wer denkt, er hat gewonnen, wird verlieren. Wer sich als Herausforder sieht, wird alles gewinnen. Der 24.Spieltag ist der Spieltag der Vorentscheidung. Am Ende wird ein 2-Spiele-Vorsprung stehen. Davor aber stehen 180 Minuten schwerer Arbeit! Danach: Party like it’s 2011! (dembowski / DerSamstag!)