Es war nicht leicht, Amok aus dem Trainingslager zu kommandieren. Er wehrte sich mit Händen und Füßen – und Worten! Gerade jetzt, da die ersten Auseinandersetzungen zwischen den, zweifelsohne in den weiteren Planungen des Vereins eine gewichtige Rolle spielenden, Spielern da Silva und Zidan an die Öffentlichkeit gelangt waren, sei eine Gegenöffentlichkeit von größter Wichtigkeit.
Nur mit Mühe gelang es mir, Amok auf seine vielfältigen Denkfehler aufmerksam zu machen. “Das interessiert nicht einmal die Spieler selbst. Und wenn Reiser sich da jetzt in einen Wahn schreibt, schreibt er sich in einen Wahn. Amok, Du kannst nicht immer mit dem Strom schwimmen und, ganz ehrlich, ich dachte auch, du hättest das längst verstanden!” “Ja, aber….” “Nix aber. Warst Du nicht auf die Hoppenheim-Geschichte scharf?” “Ja, aber…” “…mein Arsch. Beweg Deinen jetzt zurück. Ich spiele Dir ein paar Unterlagen zu. Sind ein paar interessante Neuigkeiten dabei.” “Aber die Sonne” Ich konnte Amok nicht länger ertragen, legte auf und öffnete mein Postfach. Entweder Amok kommt zurück oder Amok lässt sich diese Chance entgehen. Aber diese Chance wird er sich nicht entgehen lassen, wusste ich, durch meine Mails stöbernd.
Doch lange konnte ich mich auf den Inhalt der Mails nicht konzentrieren. Immer wieder fragte ich mich, wie Amok eigentlich zu seinem Namen gekommen war und wie Amok im wirklichen Leben eigentlich hieß? Die paar Mal, die ich ihn gesehen hatte, endeten nie damit, dass ich ihn nach seinem Namen fragen musste. Er war Amok und bis heute hatte ich das noch nie in Frage gestellt oder auch nur hinterfragt. Jetzt aber notierte ich mir: “Amok fragen, warum er sich Amok nennt.” Ich legte die Dando / Hatfield-DVD ein.
Wenngleich Dando mir immer mehr glich, und also seine Haare wieder lang waren und der Bart mal wieder gestutzt werden musste, zählte ihr Konzert vom 24.1.2011 zu meinen liebsten Konzerten der letzten Jahre. So allein. Und doch nach all den Jahren hatte diese Freundschaft so viel überlebt, schien, sah man die beiden Freunde auf der Bühne stehen, über die Jahre, über die up and downs sogar gewachsen zu sein. Es hatte etwas beruhigendes, Hatfield und Dando im Jahr 2011 gemeinsam auf der Bühne zu sehen, etwas sehr beruhigendes. Derart beruhigt konnte ich mich wieder den Mails widmen.
Genau genommen waren es erst keine Mails, sondern nur gesprochene Worte der Schraudershaus. Wie sich herausgestellt hatte, war sie Mutter von 3 Kindern, alleinerziehend. Bei unserem ersten Treffen im Dezember hatte sie mir es noch verschwiegen, aber, nun gut, wir waren Nachbarn und die Schraudershaus rechnete sich scheinbar immer noch Chancen aus, bei mir zu landen. Und auch wenn dem nicht so war, so war ich sehr interessiert an den Neuigkeiten, die sie mir im Hausflur übermittelte. “Mein Leon geht jetzt in den Süden. Der kann ja zocken. So richtig zocken. Und die da unten zahlen gut Kohle.” Die da unten, das hatte sich herausgestellt, waren unsere Freunde aus Hoppenheim. Daraus, das war mir sofort klar, konnte man was machen. Leon war gerade erst 12 oder 13.
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