Hören wir von Dietfried Dembowski, denken wir immer an den souveränen Ermittler, der mit einem Schulle in der Hand die Probleme dieser Welt nicht nur erklären, sondern meist auch zuverlässig beheben kann. Er ist das Idol einer ganzen Generation, doch hinter dem Schutzpanzer der Abgeklärtheit verbirgt sich ein Mensch, den die Coronakrise des Jahres 2020 mit tiefer Verzweiflung gefüllt hat.

Wir treffen den Ermittler in seinem Wolfsburger Bunker. Dembowski empfängt uns im Bademantel, ein Schulle in der Hand, eine FFP3-Maske auf. Er wird sie nur absetzen, um die Flasche anzusetzen. Nach 10 Minuten erreichen wir seinen Ort tief unter der Autostadt. 


Hören wir von Dietfried Dembowski, denken wir an einen Gewinner. Aber sein DID ist der Verlierer des Jahres.

 

Hallo, Herr Dembowski! Wie geht es Ihnen?

Das ist eine überflüssige Frage. Im Moment muss ich sagen, geht es mir wirklich schlecht. Die Situation mit Corona können wir nicht verändern. Ich habe mit Schill dazu bei Instagram ein Video gemacht mit sechs Strategien, mit denen man sich in Bezug auf Corona stark machen kann. Die Videos kann man sich nicht anschauen. So sehr ziehen sich mich runter.

Wieso haben Sie die dann gedreht?

Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass man das Unveränderbare akzeptieren soll. Corona betrifft uns alle und man traut sich dann gar nicht zu sagen: Ja, mir geht es schlecht! Ich komme mit dieser Welt nicht mehr klar. Mir ist das zu laut, ich habe keine Antworten mehr. Ich habe keine Strategien mehr. Mir geht es schlecht, obwohl ich mich mit der Situation auseinandergesetzt habe, sie akzeptiere.

Sie haben in diesem Jahr wieder nichts auf die Kette bekommen. Der DID stagniert, Ihre Personalführung ist mehr als fragwürdig, dieses Format, das Fragen und Antworten, wurde von den anderen Medien kopiert und perfektioniert. Wurden Sie 2020 abgehängt, Herr Dembowski?

Was heißt „abgehängt“? Ich bin grundsätzlich jemand, der wenig Glück hat. Mein Scheitern habe ich nie als Chance, sondern immer als Versagen begriffen. Ich bin der festen Überzeugung, wenn man scheitert, kann man sich nicht mehr fangen, nicht mehr „von vorne“ anfangen, wie man sagt. Bereits als Kind hatte ich einen wiederkehrenden Traum…

…ein Fall für Freud…

… vom freien Fall in das tiefe, schwarze Loch. Mein Körper war gelähmt, mein Geist wach. Ich konnte mich nicht bewegen. Und stürzte. Verfiel in Panik. Schrie. Aber niemand hörte mich, denn meine Schreie waren stumm.

Sie haben Ihre Vergangenheit nicht hinter sich gelassen!

So war 2020 für den DID. Wir hatten bislang mit Sicherheit ein beschissenes Jahr. Ohne Höhen, mit vielen neuen tiefsten Tiefen. Ich habe diese Situation aber akzeptiert. Es gibt keinen Ausweg mehr.

Die Platzierungen des DID POWER RANKINGS in den deutschen Fußballpodcast-Charts.

Sie müssen Ihre Vergangenheit endlich hinter sich lassen! Aber wir sehen schon: Bei Ihnen hat in diesem Jahr wenig geklappt! Sie haben versagt! Sicher ein unangenehmes Gefühl.

Genau! Die Leserschaft ist weggebrochen. Das DID POWER RANKING, dieses Herzblutprojekt, ist durch die Sendung mit Thies zu einer albernen Lachnummer verkommen. Mir ging es nie um den Erfolg, aber das, was in diesem Jahr passiert ist, macht mich vollkommen fertig. Wir wollten Die etablierten Medien, die 11 Freunde, haben mein Format gestohlen…

…das erwähnten Sie bereits…

…jetzt geben da irgendwelche Insta- und Podcastikonen massentaugliche Allgemeinplätze von sich. Der Fußball ist gestorben, brüllen Sie und ernten Applaus. Diese Plattheiten verkleben meinen Kopf. Die Kneipen haben sie mir auch dicht gemacht. Die Entwicklung einer DID-App ist gescheitert. Alle Ermittlungen des Jahres sind im Sande verlaufen. Ich bin wieder das kleine Kind, das schwarze Loch ist unendlich tief.

Das klingt dramatisch!

Manchmal wünsche ich mich an den Moment zurück, an dem ich noch nichts von der Existenz der Dunkelheit wusste. Aber das klappt nicht. Ich habe die Dunkelheit gesehen und das hat was mit mir gemacht. Ich werde sie wiedersehen und ich werde sie nie wieder vergessen, geschweigen denn mit Licht füllen können.

Vergessen Sie aber auch niemals, Herr Dembowski: Ihr Job ist der Traum eines Arbeitslosen. Ihr Haus ist der Traum eines Obdachlosen. Ihr Lächeln ist der Traum eines Depressiven. Ihre Gesundheit der Traum eines Kranken. Lassen Sie schwierige Zeiten nicht überwiegen. Seien Sie dankbar für das, was Sie haben!

Ich halte das nicht mehr aus! Hören Sie mir überhaupt zu? Ich bin am Ende! Und Sie kommen hier mit Instagram-Weisheiten um die Ecke! Wollen wir jetzt endlich über Fußball reden?

Von Ihren schwarzen Löchern zu Bierhoffs dunklen Wolken ist es nur ein Katzensprung! Aber anders als Sie, Herr Dembowski, sieht Oliver Bierhoff für den kommenden Sommer einen blauen Himmel voraus.

In Zeiten der globalen Erwärmung gehe ich mit dieser Aussage mit. Ja! Bereits im nächsten Sommer wird es wieder einen blauen Himmel geben. Nur werden nicht alle diesen Himmel sehen.

Bierhoff sagt: Bei der EM „müssen wir überzeugen. Dann sehen Millionen Fans vor dem Fernseher hoffentlich: Spieler, die mit Leidenschaft spielen. Spieler mit fröhlichen Gesichtern. Und wir können gemeinsam viele Siege erleben und gemeinsam feiern. Das schweißt zusammen.“ Und dann wird der Himmel schon wieder blau.

Die Schweizer sagen „an der EM“. Das klingt auch gut.  Über sportliche Dinge möchte ich nicht reden. Niemand weiß, was bei der EM sein wird.  Und wo die stattfinden wird und ob sie stattfinden wird.

Dietmar Hopp entwickelt den besten Impfstoff. Machen Sie sich keine Sorgen.

Bis dahin vergehen noch ein paar Monate. Ich freue mich für Dietmar. Er hätte auch ein Thomas Berthold werden können. Ist er aber nicht. Jetzt hat er in Hoffenheim so viel Probleme. Corona-Hotspot. Verwerfungen mit dem Geschäftsführer. Dietmar hat es oft nicht leicht. Werde ich aufstehen und für Ihn applaudieren? Nein! Und jetzt soll er erstmal liefern. Dann schauen wir weiter.

Erst einmal kehrt Hoffenheim nun ins Training zurück.

Und die positiv getesteten Spieler werden in den nächsten drei Monaten nicht mehr getestet. So sorgt ein Corona-Ausbruch in Hoffenheim für neue Kapazitäten auf dem so begrenzten Markt der Tests. Ist das nicht auch ein wenig toll?

Wo Sie gerade so gut drauf sind: Lassen Sie uns noch ein wenig über den blauen Himmel sprechen.

Hat Bierhoff nicht schlecht gemacht. Das ist ein einfaches Bild, das jeder verstehen kann. Erst ist der Himmel dunkel, dann ist er blau. Über den dunklen Wolken, vermittelt er, ist der Himmel immer blau. Alte Kamellen aus der Achtsamkeitsschule. Ein Bauernfängertrick. Was ich überragend fand…

…now we’re talking…

…war Löws Überraschung über die Infektionen der ukrainischen Spieler, die mit dem Taxi zum Flughafen kutschiert wurden. Erst, sagte Löw, waren die Spieler gesund und plötzlich waren sie krank. Damit hat er die Natur einer Krankheit erfasst. Sie kommt über gesunde Menschen, die dann erkranken.

Sie sprechen die Länderspiele an.

Die hätten nie stattfinden dürfen.

Haben Sie aber. Auch um das Überleben des Fußballs zu sichern.

Auch der DID kämpft ums Überleben. Aber natürlich: Sie haben schon recht. Wohin wir auch schauen. Alles befindet sich im freien Fall. Der Fußball kämpft noch.

Er wird aktuell für seinen Größenwahn bestraft.

Das ist korrekt. Aber unter dem Mantel dieses Überlebenskampfes passieren erstaunliche Dinge. Der FC Bayern München hat die Solidargemeinschaft Bundesliga in der vergangenen Woche mehrfach aufgekündigt. Erst haben sie mit ihrem G15 auf die kleineren Vereine getreten, ihnen untersagen wollen, überhaupt etwas anderes zu denken und dann beinahe im nächsten Moment haben sie dem DFB ihren Pokalspielplan präsentiert und kurzerhand ihr Pokalspiel gegen Kiel verlegt.

Haben Sie dafür Beweise, Herr Dembowski?

Nein.

Die anderen Vereine hätten ja auch nachfragen können. Haben sie aber nicht. Die Bayern wollten die Verlegung mehr.

Sie sind ja lustig. Wissen Sie eigentlich, woran man den Untergang des Fußballs festmachen kann?

An der aufgeheizten Stimmung in den sozialen Medien?

Die Stimmung dort ist immer aufgeheizt. Immer wieder blicke ich da auf den FC Schalke 04.

Dort ist man nur noch 2 Monate von einem sieglosen Jahr entfernt.

Und weil das so ist, und weil niemand mehr eine Lösung hat, wird der Verein nun entkernt. Alles, was noch eine Seele hat, wird aus dem Verein gejagt, der Boulevard übernimmt den Rest und die, die es aus der Ferne verfolgen, teeren und federn die, die sich über Jahrzehnte für diesen Verein aufgeopfert haben und ihn mit ihrem Leben gefüllt haben.

Vielleicht war es ein falsches Leben!

Sie sind unerträglich heute! Kaum ein Ort des Fußballs steht mehr für sein aktuelles Scheitern als die Tausend-Freunde-Mauer da draußen vor den Toren der Turnhalle. All die dort verewigten Freunde des Vereins werden von ihm nun verraten. Mit sportlichen Dingen hat das nur am Rande zu tun. Jobst und Schneider sind gescheitert. Sie besetzen die Geschäftsstelle wie Donald Trump das Weiße Haus.

Ein paar Kilometer weiter östlich bereitet sich Yousouffa Moukoko auf seinen 16. Geburtstag vor!

Der erste 15-jährige auf dem kicker-Titel. Kann er schon gegen Hertha den Haaland machen und bei seinem Debüt einen Hattrick erzielen? Der Druck war bislang schon immer unermesslich. Er wurde beleidigt. Er wurde bejubelt und…

…die Allerdümmsten haben ihn bereits zum FC Bayern geschrieben…

…lassen Sie mich doch endlich einmal ausreden. Lionel Messi hat ihm zum 15. Geburtstag gratuliert. Das ist schon alles erstaunlich. Ich schäme mich aber jetzt bereits für all die Menschen, die das Alter dieses Jungen anzweifeln werden. Ich bin mir sicher: Die investigativsten Investigativjournalisten sind da bereits dran.

Sie wollen aber auch, dass die Welt um Sie zerbricht.

Dann tut es nicht ganz so weh.

Herr Dembowski! Wir wünschen Ihnen viel Kraft.

Wir verlassen diesen Ort des Schreckens. Unter der Autostadt scheint die Sonne nicht. Irgendwer sollte den Ermittler mal ans Tageslicht locken. Doch hier steht er. Jetzt ohne Maske. Mit einem neuen Schulle. Die leeren Flaschen wirft er uns hinterher. Doch wir hören nur das Splittern. Denn dort, wo wir sind, ist oben.