Hallo, Herr Dembowski! Sie waren gestern beim Prozess gegen Sergej W., dem 29-jährigen Mann, der den BVB-Bus in die Luft sprengen wollte.

Ich war gestern bei einem Prozess, das ist korrekt. Der Rest nicht.

Wieso?

Sergej W. wollte auf das Leben der Businsassen zielen. Ob er das aber überhaupt wollte, und ob man ihm das nachweisen kann, das ist Teil der Verhandlung am Dortmunder Landgericht.

Interessant. Was ist gestern passiert?

Gestern haben acht aktuelle BVB-Spieler ausgesagt. Dazu der Videoanalyst Benjamin Weber und Athletik-Trainer Rainer Schrey. Die beiden letztgenannten Personen arbeiten nicht mehr für den BVB. Mit Abschluss des Verhandlungstags sind nun alle direkt vom Anschlag betroffenen Personen vernommen worden.

Emre Mor, Mikel Merino, Ousmane Dembele und Pierre-Emerick Aubameyang waren noch nicht da.

Sie werden auch nicht mehr vorgeladen. Die vier Spieler haben in der Zwischenzeit Deutschland verlassen. Das Gericht wird darauf verzichten, diese vorzuladen.

Was haben die Spieler gestern ausgesagt?

Die Zeugen wurden zwei Dinge gefragt. Sie sollten sich erst zum Ablauf des Anschlags äußern. Und danach über die sie betreffenden Folgen des Anschlags Auskunft geben. Den Aussagen konnte man entnehmen, dass im Bus selbst nach der Detonation erst Stille, dann Chaos und Panik herrschte. Die Insassen hatten Angst. Sie wussten nicht, was da eben überhaupt passiert war.  Eine Druckwelle hatte einige zur Seite geschmissen. Andere befürchteten, dass bewaffnete Männer den Bus stürmen könnten. Als der Bus erst weitergerollt war, kümmerten sich einige Personen im Bus um den verletzten Marc Bartra, andere stiegen aus und einige verharrten auf ihren Plätzen, warteten auf die Polizei.

Was waren die Folgen der Tat?

Schlaflosigkeit, wiederkehrende Träume, Angstzustände. Manche trauten sich nicht mehr richtig vor die Tür, andere wollten nicht mehr an der Stelle vorbeifahren. Der Verein habe psychologische Hilfe angeboten, die Spieler aber wollten das mit sich selbst ausmachen. Sie gaben an, den Anschlag verarbeitet zu haben. Wenngleich die Ladung manchen Spielern Probleme bereitet habe.

Tauschen die Spieler sich im Mannschaftskreis über den Prozess aus?

Diese Frage wurde vor Gericht erörtert. Im Mannschaftskreis sei der Prozess, seien die Aussagen kein Thema, war eine Aussage.

Warum wurde das Mannschaftshotel nicht gewechselt, wenn einige Spieler noch Probleme damit haben?

Dies sei unter anderem vom Mannschaftsrat so beschlossen worden, hieß es dazu gestern.

Waren die Aussagen glaubhaft?

Die Aussagen wurden vor Gericht gemacht.

Inwiefern unterschieden sie sich von den bisherigen Aussagen?

Sie waren gedämpfter.

Was bedeutet das?

Es schien, als seien die Spieler sich nun mehr über die Außenwirkungen des Prozesses bewusst.

Wieso mussten alle Spieler erscheinen? Dazu noch in der Endphase der Saison?

Der gestrige Termin war eigentlich für den 14.5 angesetzt. Doch am Montag nach dem letzten Bundesligaspiel bestreitet der BVB ein Testspiel in Zwickau. Deswegen wurde der Termin vorverlegt. Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt ausschließlich das Gericht. Dieses hielt offensichtlich die Vernehmung aller in Deutschland anwesenden Spieler für erforderlich. Bei der Vernehmung ging es natürlich auch um die Tatfolgen für die Opfer. Es bestehen Zweifel daran, ob dazu sämtliche im Bus befindlichen Personen vorgeladen werden mussten. So war es nun aber. Jetzt geht der Prozess weiter. Wahrscheinlich weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Der Prozess dürfte nach den Aussagen nun bald abgeschlossen sein dürfte?

Nein. Er wird am 14.5 fortgeführt. Bislang sind bis in den Juni Termine angesetzt.

Die Sachlage ist doch klar. Sergej W wollte einen Anschlag auf die Mannschaft verüben.

Bereits am zweiten Verhandlungstag hat er gestanden, die Bomben platziert und gezündet zu haben. Eine Tötungsabsicht streitet er ab. Eine Tat aus Habgier wird ebenfalls abgestritten. Er habe seinen Eltern etwas hinterlassen wollen.

Also soll Sergej W. unschuldig sein?

Das behauptet niemand. Der Frage, ob eine Tötungsabsicht vorlag, wird weiter nachgegangen.

Wie ist das öffentliche Interesse am Prozess?

Auch bei den Aussagen der Spieler waren die Zuschauerbänke eher unterdurchschnittlich besetzt. Immerhin ist Uli Klose regelmäßig da. Rennt mal raus aus dem Gerichtssaal, und dann wieder rein.

Herr Dembowski, herzlichen Dank.

Dafür nicht. Gerne wieder.