Schneller als Justin Hagenberg-Scholz Jhon Cordoba zum Weltfußballer schreiben kann, verliert Ermittler Dietfried Dembowski beim Blick in die Fachpresse seinen Mut. Der BVB muss ohne fünf Stammspieler nach London reisen. Darunter auch der unersetzliche Marco Reus, den Trainer Lucien Favre in der Pokalniederlage gegen Bremen verheizte. Ging es vor einigen Tagen noch um ein mögliches Triple, so kann sich Dembowski nun noch die schlimmsten Dinge vorstellen. Er zittert.
Verliert der BVB die Meisterschaft und was wird dann aus Jadon Sancho, den der Verein in den Tagen vor dem Tottenham-Spiel der englischen Presse vorführte und der dann ohne Ausweis am Flughafen auftauchte. „Sowas kommt von sowas“, denkt Dembowski während er sich durch die Presse scrollt.
Dabei sind es gute Tage. Ein glücklicher Zufall hat ihm bei einer Award-Show einen neuen Agenten zugetragen. Dieser konnte ihm direkt einen neuen Influencer-Vertrag mit dem Nordberliner-Brücken-Verband (NBBV) organisieren. Und so sehen wir Dembowski nun meist auf einer Brücke stehen. Mal macht er ein Bild, dann schaut er gedankenverloren den Zügen hinterher, die auf ihrem Weg rund um den Ring die Stadt teilen. Auf der einen Seite, innerhalb des Rings, die Gewinner der Neuverteilung und auf der anderen Seite, außerhalb des Rings, die Abgehängten. Dembo wohnt außerhalb des Rings. Aber Dembowski ist gerne abgehängt. Er nimmt noch einen Schluck aus der Schulle-Flasche, geht auf eine Currywurst zur Baude und kehrt dann bei Schill ein.
Dort hört er von Dortmunds Horror-Trip. Justin Hagenberg-Scholz geht mit ihm schnell alle Modelle durch. Hoffnungslos. Zumindest im Hinspiel. Dafür wird Jhon Cordoba Weltfußballer, sagt Justin Hagenberg-Scholz, der aber in Sachen Cordoba meist daneben liegt.
Herr Dembowski. Der feine Herr hat mal wieder Zeit für uns!
Starker Einstieg. Muss ich Ihnen lassen.
Wir waren uns da nicht so sicher.
Ist aber auch anstrengend gerade. Die Rückkehr der Champions League. Wälze mich seit Tagen durch die Programmzeitschriften. Welcher Sender überträgt welches Spiel und wer hat das große Jürgen Klopp-Interview? Das sehen wir heute auf Sky, die aber nur die Konferenz zeigen. Den BVB gibt es auf DAZN. Wegen nächster Woche könnte ich noch einmal nachschauen. Warten Sie doch kurz.
Keine Sorge, Herr Dembowski. Wir sprechen uns vorher sicher noch einmal. Aber die TV-Rechte sind natürlich ein guter Aufhänger. Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge fordert in einem Knallhart-Interview die sofortige Rückkehr zum Free-TV.
Das hat mich ehrlich gesagt ein wenig verwirrt zurückgelassen. Habe ich auch gelesen. Kalle formt sich die Realität auch immer nach seinen Wünschen. Ich glaube ihm nicht. Immerhin hat er im Interview wieder am Ende des Tages unterbringen können.
Was passiert am Ende des Tages, Herr Dembowski?
Da müssen wir aufpassen, dass aus Kommerz statt Herz keine Milchmädchenrechnung wird, sagte Kalle und blickte kritisch durch seine Designerbrille. Milchmädchenrechung eben auch nur aus dem Grund, weil die Werbepartner der Champions League kein Bock auf 84 Prozent weniger Zuschauer haben. Dann lieber ein wenig Herz zeigen. Bringt langfristig mehr Kohle, hofft er. Ein herrlich kaltherziges Interview. Der, der das Kartellamt auf den Plan rief, schimpft jetzt auch ein bisschen darüber. Das Interview ist voller Lieblingswörter wie Benchmark, Deadgames und so weiter und so fort.
Redet Rummenigge auch von Stakeholdern?
Nein. Die gibt es aber in der uns bekannten Form auch nur beim DFB. Die sind jetzt aber schwer in der Digitalisierungsfalle. Wie sich erst kürzlich herausstellte, ist der Digitalisierungspapst des beliebten Verbands ein 74-jähriger Mann, der vor sechs Jahren mal ein Bild in einem Gewächshaus gemacht hat. Er ist ein passionierter Witzerzähler, der komplett hinter China steht. Hab darüber gerade noch mit Wu gesprochen. Hinter vorgehaltener Hand erzählt man sich in Internationalisiererkreisen Wunderdinge über ihn. Der trimmt den DFB streng auf KI und Foot Recognition. Das ist der letzte Schrei. Du kannst Dein Gesicht verändern, Deinen Gang aber nur, wenn Du Dir die Beine zertrümmerst. Krüppel oder Knast. Ein Patentrezept gegen kriminelle Straftäter im Fußballumfeld.
Herr Dembowski, Sie driften ab. Wir sprachen über den TV-Vertrag.
Bayern ist jetzt in Südkorea ein großer Hit. Partnerschaft mit dem Fußballverband dort. Wu ist schwer begeistert. Sie lobt die Vorreiterrolle der Bayern, die Grenzen überwinden, um die Bundesliga bekannter zu machen. Für Wu sind die Bayern verkannte Altruisten.
Die aber natürlich von Didi Hamann schwer angegriffen worden sind.
Ein Krimi. Hamann und Brazzo in Streit um Lewandowski. Wenn Sie mich fragen: Für mich wirkt das alles inszeniert. Lewandowski fühlte sich in seiner Ehre verletzt, spielt seither noch besser. Ein schönes, ein lautes Thema, um von sportlichen Unzulänglichkeiten abzulenken. Eine absolute Phantomdiskussion, in der der DID den schönsten O-Ton zurückgehalten hat.
Wie lautet der?
„Mich interessiert nicht, was jemand über mich sagt. Besonders wenn das komplett dumm ist und es nicht stimmt. Wenn jemand als Trainer in 19 Spielen 3x gewonnen hat, dann weiß er über Taktik wahrscheinlich nicht so viel.“
Der O-Ton war bekannt.
Der Teil mit dem Trainer nicht. Lewandowski schlägt gegen Hamann zurück! Hier die Outtakes! Machen Sie das weltberühmt.
Das hätten Sie machen können.
Mir war das zu blöd.
Zu blöd waren auch die Dortmunder. Vergeigen daheim einen 3:0 Vorsprung gegen Hoffenheim. Im Pokal raus. Nur ein Punkt in Frankfurt. Hell is round the corner. Favre soll bereits seinen Rücktritt angedeutet.
Vermutet die Bild, die 3 Unentschieden mit einer Niederlagenserie zum Start einer Saison gleichsetzen. Das ist so bescheuert. Das muss man nicht einmal kommentieren.
Der BVB hat ein Disziplinproblem. Zahlreiche Stars sind verletzt. Geht es jetzt dahin, Herr Dembowski?
Das wäre eine tolle Wendung, nicht? Die Bayern als Comeback-Kings der Liga. Wird aber nicht so kommen. Meine Modelle zeigen, dass der BVB noch 10 Punkte abschenken darf. Bei Sieg in München wären es sogar zwischen 13 und 15, je nach Modell. Machen Sie sich mal keine Sorgen: Die Modelle lügen nicht. Nach Tottenham, dort erwarte ich eine knappe Niederlage, wird der Ballspielverein in Nürnberg in die Erfolgsspur zurückfinden.
Vorsicht vor Nürnberg, Herr Dembowski! Die haben einen neuen Trainer.
Aber keinen neuen Kader. Die werden jetzt nicht auf einmal die Welt verändern. Für den BVB geht es am kommenden Montag gegen eine Mannschaft, die in der aktuellen Verfassung zuhause gegen den MSV Duisburg nicht über ein Unentschieden hinauskommen dürfte und deren Limit in Bestform ein Heimsieg gegen Sandhausen wäre.
Nürnberg hat Düsseldorf geschlagen.
In einer fernen Vergangenheit. Düsseldorf ist eine der positiven Überraschungen der Saison. Im DID POWER RANKING haben sie sich auch bereits auf 50 vorgeschlichen. Gute Leistung von Friedhelm Funkel.
Der am vergangenen Wochenende Michael Reschke in die Frührente schickte. Ist der VfB der neue HSV?
Zwei Flaggschiffe des deutschen Fußballs. Schwer angeschlagen vom Sprung ins neue Jahrtausend. Haben das alles nicht verkraftet. Mit der Ausgliederung und so. Wir können die Vereine gerne verspotten, dürfen aber zwei Dinge nicht vergessen. Schon immer haben Fürsten Vereine zugrunde gerichtet. Manche, wie Schalke, haben sich einigermaßen erholt. Andere nicht. Zum anderen aber wurden Hamburg und Stuttgart unter Druck gesetzt. Immer weniger Plätze in der Bundesliga, immer weniger Möglichkeiten, sich für Europa zu qualifizieren. Sie wollten am Ball bleiben und haben falsche Entscheidungen getroffen. Sie haben den Verein aufgegeben, haben kurzzeitig neue Gelder generiert und sind trotzdem abgestürzt.
Hertha BSC hat sich stabilisiert. Frankfurt auch.
Berlin setzt auf Berlin und auf Kontinuität. Passt vielleicht nicht zum freshen Image des Vereins. Aber dieser Anker ist Gold wert. Die Leute dort kennen ihren Verein. Und Fredi Bobic kennt in Frankfurt eine Menge Leute. Dort kommen noch die Randalemeister hinzu. Wirklich außergewöhnliche Fans. Die machen viel richtig. Für Frankfurt wird es jetzt in den nächsten beiden Jahren darum gehen, den nächsten Schritt zu machen. Werden sie die sich ankündigenden Abgänge von Jovic, Rebic und/oder Haller verkraften können. Können Sie ein Fundament für die nächsten Jahre legen. Wie schnell man Werte vernichtet, sehen wir aktuell ja auch wieder Auf Schalke.
Das ist alles sehr interessant. Wie immer. Herr Dembowski.
Herzlichen Dank.
Wir haben noch eine Schnellfeuerrunde.
Ich geh in Deckung! Schießen Sie los.
Berlins beste U-Bahn-Linie?
Definitiv die U8. Die hält an der Pankstraße. Das ist Heimat.
Wann wird Schulle endlich Hauptsponsor bei Hertha?
Das ist mir egal.
Rüdiger Rabe ist auch immer alles egal. Was wird ihm als nächstes egal sein?
Christian Katars Text über Katar. Der ist aber noch nicht erschienen. Die Quellenlage ist da noch nicht eindeutig.
Wo schauen Sie heute die Schmach von Wembley?
Bei Hauke. Gutes Bier, gute Freunde, guter Fußball.
Alles wieder gut, Herr Dembowski?
Alles gut, DID!
Justin Hagenberg-Scholz steht auf. In den Golfstaaten wird man in den kommenden Wochen vom neuen Wunderspieler in den Untiefen der zweiten deutschen Liga lesen. „The German Messi: The incredible rise of Jhon Cordoba!“, heißt Justins neuestes Meisterwerk. Er ist so glücklich jetzt und nirgends ein Runterbringer.
„Dietfried, jetzt geht die Party erst richtig los!“, ruft er.
Hauke Schill stellt eine neue Rutsche Schulle auf den Tresen.
Im Soldiner Eck ist die Hoffnung eine Katze. Sie hat sieben Leben.