Dembowski sitzt bei einem Schulle vorm Soldiner Eck. Schill tritt vor die Tür. Er ist zurück. Das Jahr der Wanderschaft hat ihm einen Späti und eine Beach Bar eingebracht. Doch er wollte zurück in den Kiez, zurück zur Jukebox, die jetzt gerade This Is Michael spielt. Dembowski redet auf Justin Hagenberg-Scholz ein. Dembowski trägt ein Lamashirt. Hagenberg-Scholz trägt Nadelstreifen und Brille, hat seinen Kopf kahl rasiert. Er wurde zum Kioskverkäufer des Jahres gewählt.

Die Trophäe, eine Miniaturspätiwand, steht auf dem Tisch. Er nimmt einen Schluck KiBa, und erzählt noch einmal vom Spiel Deutschland gegen Chile. Außer ihm hat es keiner gesehen. Dembowski schreit „mach ma Love On Sale“ und Schill eilt. Was ein Tag to be alive! Wir sind mit dem bekannten Ermittler verabredet.

 

Guten Tag, Herr Dembowski!

Guten Tag, Herr Redakteur. Sie sind heute aber freundlich!

Exakt. Wir müssen reden.

Ja. Das dachte ich mir. Die Nachrichtenlage erfordert das.

Fangen wir beim Ballspielverein an.

Da bin ich mal gespannt.

Mario Götze…

…ist zurück und sieht verdammt gut aus, der alte Nike Runner. Soll sogar bei Insta gepostet haben,  sagte Justin gerade.

Ousame …

…Dembele! Lassen Sie mich raten!

Okay!

Will den Verein verlassen. Thomas Tuchel war sein Held. Gute Frage also. Barcelona will ihn haben, hört man. Sie wollen sehr viel Geld zahlen. Das ist schön. Aber wissen Sie was?

Nein.

Das ist doch im Prinzip auch egal. Dann geht Dembele wieder. Oder nicht. Wir müssen uns endlich von der Aufregung befreien. Mehr werden Sie dazu von mir nicht hören.

Welche Aufregung?

Irgendwer sagt dies, und irgendwer steckt da was durch. So läuft das Spiel. Tolle Werbung für den Spieler, für den Ausbildungsverein Borussia Dortmund. Mehr ist das nicht. Wichtig sind die 90 Minuten.

Die es bald nicht mehr geben wird.

Und wenn schon. Dann sind die 60 Minuten Nettospielzeit wichtig. Ich habe keine Empörung mehr in mir. Die kommt zurück. Aber nicht jetzt. Nicht in diesem Sommer, in dem mal wieder das Ende des Fußballs beklagt wird. In dem es nur noch um Verwerfungen, um Differenzen, um unüberwindbare Gräben geht. Sollen die mal machen.

Herr Dembowski! Wir kennen von Ihnen klare Kante, und nicht das hier. Neuer Versuch. Robert Lewandowski macht Stunk. Er will Bayern verlassen.

Sie haben den entscheidenden Teil vergessen. Robert Lewandowski spielt das alte Spiel. Er äußert sich in Polen, fernab der deutschen Öffentlichkeit, die nur von seinem Berater und Schutzschild Maik Barthel bedient wird. Der hält sich bedeckt, stichelt. Wird angegangen, versichert Bayern dies und das. Und was Bayern in den mittlerweile täglichen Pressemitteilungen sagt, das ist längst Gesetz. Bayern hat eine Ersatzrealität geschaffen. Bayern München und alles mit Bayern München zusammenhängende kann doch im Prinzip nur noch mit der trumpschen Ersatzrealität verglichen werden.

Und Lewandowski? Will er den Verein verlassen.

Ja. Wieso sollte er bei den Bayern bleiben wollen? Weil das alles so nette Menschen sind? Er will Titel gewinnen.

Die gewinnt Ronaldo. Der aber momentan mit seinen Steuertricks für Schlagzeilen sorgt.

Und jetzt will er wechseln. Oder nicht. Und Geld hinterlegen. Oder nicht. Da sind wir wieder am Anfang unseres Gesprächs. Kann es bitte ein wenig weniger sein? Weniger Überhöhung, weniger Moralisieren, weniger Empörung. Ich bin so gelangweilt. Der Fußball ist so ein schönes Spiel. Und von allen Seiten wird an ihm gezerrt, von allen Seiten wird an der Zerstörung des Spiels gearbeitet. Und trotzdem: So mehr Leute an der Zerstörung des Spiels arbeiten, umso mehr Seiten sich an ihm gesundstoßen, abarbeiten, ihn zu ihren Zwecken, so mehr wird sich das Spiel ausbreiten. Es wird sich verändern, so wie wir uns verändern, und Fans werden gehen, und mehr Fans werden kommen. Wir können doch nicht unsere Zeit damit verschwenden, uns auszumalen, wie es in einer gerechten Welt aussehen könnte. Es gibt keine gerechte Welt.

Aber es gibt eine Welt, die immer mehr zusammenwächst.

Sie spielen auf China an?

Exakt. Die U20….

…spielt jetzt in der Regionalliga. Weltweite Aufregung. So ein Ding aber auch. Eine Kooperation wird mit Leben gefüllt, und auf einmal betrifft es uns. Auf einmal fahren Vereine nicht mehr nach China, nein der böse, schlitzäugige Chinese kommt nach Deutschland, um uns unsere Technik zu klauen, um seine Weltklassespieler in der Regionalliga Südwest auszubilden. Ja. Davor müssen wir uns fürchten. Ein glatzköpfiger Mann sagte neulich: „Es gibt nur Verlierer. Die Regionalliga Südwest ist der BVB der Sommerpause.“ Er bezog sich auf den jetzt einsetzenden Populismus, und er hat sowas von recht.

Justin wieder.

Justin Hagenberg-Scholz sollte Mehmet Scholl ersetzen. Schreiben Sie das, Herr Redakteur. Es ist die Wahrheit. Justin Hagenberg-Scholz ist der Experte, dem wir vertrauen.

Zurück nach China.

Hatten wir das nicht besprochen. Also: Wer so eine Kooperation eingeht, wird auch mit den Konsequenzen leben.

Aber der Fan ist die Kooperation nicht eingegangen.

Der Fan kotzt mich an. Der Fan macht es sich mit seiner NIMBY-Mentalität recht einfach.

Und Sie scheren jetzt alle über einen Kamm.

So what? Die sitzen alle vorm Fernseher und schauen sich die Despoten-Spiele in Russland an. Weil es um nix geht, und doch Sommerpause ist. Russland, FIFA, DFB! Einfacher war es noch nie. Bin gespannt, wie die sich dann 2022 rausreden. „Weil alle gucken. Muss doch mitreden können.“ Diese Welt ist so am Arsch, und die Fans machen sie auch nicht besser.

Was macht die Welt besser?

Der totale Rückzug. Wald, Hochwald, Holzfällen. Sie kennen das. Ich möchte mit den meisten Menschen nichts mehr zu tun haben. Neulich den Text von Jochen gelesen? Diesem Zeit-Typen?

Nein.

Der hat sich aus seiner Filterblase herausbegeben, wie man ja sagt. Und wie stolz er war, dass er einen normalen Menschen getroffen hat. Verrückt. Ich habe ihm direkt applaudiert. Er hat einen Menschen getroffen und mit ihm geredet. So kommen wir weiter.

Was ist daran verkehrt?

Alles. Dass jetzt Menschen erzogen werden müssen, mit anderen Menschen zu kommunizieren. Wissen Sie, was das eigentliche Problem ist?

Nein.

Es wird zu wenig gesoffen.

Dann lassen wir Sie jetzt saufen.

[Zu Schill] Die hauen haben, mach ma ne Runde Schulle und drück ma den Gabriel! Das war ne Type. Irre.