Herr Dembowski, in Deutschland ist es Frühling geworden.
Es ist der schönste Frühling nach einem langen Winter. Die Farben knallen gut rein. Und mich zieht es wieder nach Brandenburg, zurück auf die Farm.
Nach einem nicht gerade von Produktivität geprägten Jahr.
Das stimmt.
Wann erzählen Sie uns mal wieder eine Geschichte, Herr Dembowski.
Wenn es dringende Entwicklungen gibt. Die sehe ich aktuell nicht.
Dabei zerlegt sich der BVB an einem Wochenende selbst. Die Saison könnte in einer Katastrophe enden.
Darf man das überhaupt sagen? Ein Jahr nach dem Anschlag. Im Sturm gibt es keine neuen Bomber mehr, und sportlichen Krisen sind keine Katastrophe mehr. Der Anschlag erfordert eine Sonderstellung der Dortmunder Borussen. Wir können den Verein mit normalen Fußballphrasen nicht mehr begleiten. Klingt ziemlich banal, ist aber Teil dieser hochkomplexen Krise.
Dann nennen wir es hochkomplexe Krise. Die durch dafür geeignete Ergebnisse am kommenden Wochenende sicher noch verschärft werden könnte. Wird das passieren?
Der BVB steht vor dem wichtigsten Spieltag der Vereinsgeschichte seit dem 24.05.2003. Damals versagten im Spiel gegen Energie Cottbus die Nerven. Das war der Auslöser, wenn auch nicht der Grund, für die danach folgenden Jahre, die Hans-Joachim Watzke an die Spitze des Vereins spülten. Allein Leverkusens Sturmprobleme geben Anlass zur Hoffnung.
Vor dem Spiel gegen Mainz klangen sie optimistischer, Herr Dembowski.
Das wollen Sie mir jetzt ernsthaft vorwerfen. Die Mannschaft schien in der Spur, hatte ihren Job gegen Leverkusen und auch gegen Bremen ordentlich erledigt. Dann wieder diese Selbstgefälligkeit, die ja bereits in der Woche vor dem Spiel offen zu Tage trat.
Inwiefern? Die Ausgangssituation war klar, der BVB noch nicht durch.
Trotzdem ging es doch im Prinzip nur um die Frage, ob Roman Weidenfeller sein Abschiedsspiel bekommen würde oder nicht. Hoffenheim, sagten die edelsten Edelfans des Vereins, sei als Ort für Weidenfellers letzten Bundesliga-Einsatz denkbar ungeeignet. Diese Großkotzigkeit ist eben nicht allein eine Sache der Spieler, sie zieht sich durch den Verein.
Sie sprechen Stögers Äußerungen im Vorfeld der Partie an.
Genau. Damit hat er ein fatales Zeichen gesetzt. Mainz hauen wir schon weg, alles nur eine Frage der Zeit. Das ist nach so einer Saison bemerkenswert. Der BVB hat unter Stöger nur Leverkusen weggehauen. Die Spieler haben das aber aufgegriffen. Und sich dann wie Lemminge von der Klippe gestürzt. Und Stöger hat dann nicht einmal die Eier, Weidenfeller trotzdem sein Spiel zu geben und die Partie von den Tribünen aus zu kippen. Es ist grausam. Mainz hatte einen Plan, das hat an diesem Tag gereicht. Stögers Mantra von der individuellen Klasse zieht halt nur, wenn diese individuelle Klasse nicht nur in irgendwelchen Datenbanken auftaucht.
Michael Zorc wollte den Spielern Eselsmasken überziehen.
Das hätte gut ausgehen!
In der Tat! Roman Weidenfeller hat später trotzdem noch mit den Fans gefeiert.
Das ist okay. Hat dann auch schön gezeigt, wie verunsichert die Mannschaft ist. Sollten sie gehen, oder nur an der Mittellinie warten. Was bedeuteten die Pfiffe? Sollten sie die Vereinsikone auf dem Platz verabschieden und durften sie das überhaupt? Ich hätte die Zeichen nicht deuten können. Was ein Affentheater.
Das darf man nicht mehr sagen.
Aubameyang ist längst weg. Ich habe mir vom Duden die Genehmigung eingeholt.
Für Trainer Stöger endet die Dortmunder Zeit nun. Das erklärte zumindest Sebastian Rode in einer Talkshow auf Sky.
Das ist doch komplett irre, oder?
Dass Stöger geht?
Nein. What happens in Vegas, stays in Vegas. Das müsste doch auch der letzte Bundesliga-Profi wissen.
Rode hat nicht gelogen.
Was hat das mit Vegas zu tun? Rode hat Interna aus der Kabine weitergegeben. Da kann man sich natürlich ein paar Dinge fragen. Wann war Rode das letzte Mal bei einer Teambesprechung dabei? Wieso sitzt er überhaupt in einer Talkshow? Wer genehmigt das? Und wer hat daran Interesse? Und wieso erzählt er das dann?
Weil es die Wahrheit ist.
Die Wahrheit, die jeder kennt. Das muss Rode doch nicht extra bestätigen.
Warum ist es dann ein Problem?
Ach, hören Sie doch auf. Rode wird jetzt als der Retter der Meinungsfreiheit abgefeiert. Als der mündige Profi schlechthin. Dabei verkündet er nur längst bekannte Tatsachen, bricht dabei aber die Vegas-Regel.
Der Verein wird es dementsprechend sanktionieren.
Auch so eine Nummer. Was für eine Strafe soll das bitte sein? Dann brummen sie ihm jetzt eben eine symbolische Geldstrafe auf.
Und danach folgt der Neustart unter Favre, Rose, Hasenhüttl, Sarri, AVB, Buvac oder Wagner.
In den letzten Jahren gab es in Dortmund bedeutend zu viele Neustarts. Die fundamentalen Probleme des Vereins werden nicht durch den Austausch einiger Spieler gelöst. Die liegen viel tiefer. Egal, wer da jetzt Trainer wird. Sie werden die Hülle vielleicht verschönern. Aber an der Gesamtlage wenig ändern. Deswegen sprach ich eingangs vom 24.05.2003.
Wenden wir uns kurz noch erfreulicheren Themen zu: „Wer Titel will, muss nach Gelsenkirchen wechseln. Die stehen unmittelbar vor einer etwa zehnjährigen Blütezeit“, schrieb der unvergessen Justin Hagenberg-Scholz im Mai 2016. Beginnt diese Blütezeit nun?
Ein Vizetitel macht noch keinen Frühling. Die Schalker haben eine gute Saison gespielt, aber sie haben eben auch von der Schwäche der Konkurrenz profitiert. Wenn man in Gelsenkirchen nun mit der Arbeit aufhört, wird man sich schnell im mittleren Tabellendrittel wiederfinden. Ich stelle mir Schalke als einen Obstbaum in Zeiten des Bienensterbens vor. Ja! Es wird zu einer Blütezeit kommen, aber bei Pflanzen, die sich nur selbst bestäuben, fallen die Früchte eher kümmerlich und knollig aus. Zudem verderben sie schneller. Es fehlt die der Bestäuber. Es fehlt jemand, der die Fruchtbildung stimuliert. Tedesco ist das nicht. Er verwaltet sie nur.
Sportvorstand Christian Heidel fordert eine Schale für die Vizemeisterschaft.
Das meine ich. Wir können doch nicht von einer Blütezeit reden, und beim ersten kleineren Erfolg aufgeben. Der FC Bayern München mag der Liga enteilt sein. Trotzdem muss man sich da nicht kleinmachen und derart populistischen Unfug in die Welt entlassen. Davon gibt es bereits genug.
In München wird Robert Lewandowski aus der Stadt getrieben.
Die Strategie der Berater scheint funktioniert zu haben. Lewandowski will weg, und jetzt spielen zumindest schon einmal die Medien mit. Ich werde den letzten Weltklasse-Spieler der Liga vermissen.
Der Hamburger SV will sich im Falle eines Abstiegs von Titz trennen.
Da fehlen mir die Worte.
Blicken wir noch kurz aufs DID POWER RANKING. Wer wird die beste Mannschaft Europas?
Mit zwei Siegen aus den letzten beiden Spielen dürften das die Bayern aus München werden. Sie sind jetzt in Schlagdistanz, konkurrieren eher mit PSG als mit City, die aktuell aber noch führen. Es wäre ein versöhnliches Ende für Candos Herrchen, ein wichtiges Signal für die Internationalisierungsbestrebungen der Bayern-Akademie. Dallas, Japan. Demnächst dann noch Kooperation mit Boca Juniors. Der südamerikanische Markt muss jetzt erobert werden!
Wie geht es mit dem DID POWER RANKING weiter?
Es gibt ein paar Pläne. Wir wollen es zurück in die Freiheit führen, das ist klar.
Haben Sie aktuell noch einen Musiktipp?
Nehmen Sie das!
Wir danken Ihnen für das Gespräch, Herr Dembowski
Ja, ja!