Hallo Herr Dembowski, zurück von der Lamafarm?
Ja! Die Auszeit tat gut. Immer wenn ich Koi sehe, merke ich, dass wir alle ein wenig mehr Ruhe in unserem Leben brauchen. Wofür machen wir das sonst?
Nun. Wir sind hier nicht bei Precht und auch nicht bei Eilenberger. Konzentrieren wir uns auf die sportlichen Dinge. Der BVB gewinnt und hat den Anschlag endgültig vergessen.
Wenn ich hier kurz unterbrechen darf. Jetzt fangen Sie mit Ihrer Küchenpsychologie an. Natürlich hat der BVB den Anschlag noch nicht vergessen, noch nicht verarbeitet. Was sagen Sie denn, wenn die am Mittwoch gegen Bayern verlieren? Ist dann alles wieder schlimm? Können Sie das nicht verstehen?
Ich formuliere die Frage anders, und überhaupt erst einmal aus. Die Spieler des BVB werden gegen Gladbach zu Mentalitätsmonstern. War das die Wende?
Was für eine Wende? Und was wollen Sie überhaupt von mir? Der BVB gewinnt ein Spiel, gibt dabei nie auf, erholt sich von Unkonzentriertheiten und Rückschlägen. Sie haben jetzt noch drei Heimspiele, müssen dazu noch nach Augsburg reisen. Das wird schon mit Platz 3. Man darf sich nur keine Niederlage gegen Hoffenheim leisten.
Verlängert Tuchel jetzt?
Das kann ich doch nicht sagen. Das müssen Sie den Verein fragen. Woher soll ich das wissen? Ist es ein unwürdiges Schauspiel, das am Ende zu einer Trennung im Sommer führen wird oder schreibt der BVB wieder einmal eine eigene Geschichte? Das kann nur die Zeit zeigen.
Sie sind Ermittler, sie sind Experte, sie bestreiten damit Ihren Lebensunterhalt?
Ich berichte von Dingen, die ich bestätigen oder belegen kann. Ich spekuliere nicht. Eins ist doch klar: Dem BVB gehört die Zukunft, die Vereinsführung wäre doch verrückt, diese Zukunft einfach wegzuschmeißen. Die Vereinsführung ist jedoch nicht verrückt. Also werden sie das nicht tun.
Am Wochenende drehten die Ultras in Deutschland wieder ganz besonders durch. Auf Spruchbändern forderten sie den Tod von Bullen, kümmerten sich um die Herkunft Dietmar Hopps, der laut Kölner Erkenntnissen der Sohn einer Hure und eines Nazis ist. Sind diese Menschen noch zu retten?
Sie haben wieder ihren Löw gelesen. Der sich auch fragt, wie dumm diese Menschen eigentlich sein können. Muss man sich mal vorstellen. Der Bundestrainer mischt sich wiederholt in die Fandiskussion ein. Er geht im Februar auf Dortmund los, springt nun Hopp zur Seite. Einmal braucht der Hoffenheimer Mäzen das nicht. Er kann das aushalten. Und auch wenn die Spruchbänder, die Gesänge nicht gerade zielführend in der ganzen Diskussion sind, so muss man das entweder vor einem ordentlichen Gericht klären oder die Liga muss das eben in ihren Regeln verankern. Diese ständigen Ermittlungen führen zu immer neuen Ermittlungen. Wieviel Leute arbeiten mittlerweile beim DFB-Sportgericht? Das sind doch ABM-Maßnahmen. Aber wissen Sie, was mich wirklich ärgert?
Nein.
Dass wir dem Fußball hier wieder einen anderen Rahmen geben. Dass wir die Sorgen der Pegida ernst nehmen müssen, wir aber die Sorgen der Fußballfans ignorieren. Sie sind frustriert, sie sehen keinen Ausweg mehr. In den letzten fünf Jahren steuert der Fußball mit Vollgas auf eine Wand zu, die Fans versuchen ihn mit, zugegeben, drastischen Mitteln und falschen Mitteln daran zu hindern. Dass sie Hopp als Schuldigen ausgemacht haben, ist natürlich ziemlicher Quatsch. Mäzene hat es im Fußball immer gegeben, wird es immer geben. Aber Löw soll sich um sportliche Dinge kümmern, als moralischer Kompass taugt er nicht.
Sportlich wird es dann auch wieder beim Confed-Cup. Max Kruse erzielt in Ingolstadt jetzt vier Tore. Ist der Bremer damit auch bei Löw gesetzt?
Wissen Sie: Mich lässt das öffentliche Wettbieten um das beste Bewerbungsschreiben für den Confed Cup einigermaßen entgeistert zurück. Diese Truppe wird in Russland grandios scheitern, ein Großteil der Spieler danach nie wieder eine Chance bekommen. Ich würde noch in der Vorbereitung auf das Turnier in der Dusche ausrutschen, mir dabei die Hand brechen und in den Urlaub fahren.
Sie klingen wie ein BILD-Journalist. Das große Boulevard-Blatt verkündete heute den Boykott des Putin-Turniers!
Das ist der Oberhammer! Die lassen sich nichts bieten. Und auch DFB-Präsident Grindel sehen wir in seiner besten Rolle als Verfechter der Pressefreiheit. SPD-Vize Stegner erwähnt noch Trump. Für Nordkorea fand sich niemand.
Adidas wird auch beim Confed Cup den Spielball stellen. Aus der Bundesliga ziehen sie sich jedoch zurück. Sind Sie enttäuscht, Herr Dembowski?
Mir ist der Spielball egal. Interessant nur, dass adidas noch vor wenigen Wochen die Abschaffung der 50+1-Regelung forderte und das DFB-Pokalfinale nach China vergab. Wir werden sehen, in welchem Zusammenhang diese beiden Meldungen stehen.
Ihr Tipp?
Es gibt da keinen Zusammenhang.
Am Wochenende holten sich die Schalker einen hochverdienten Punkt im Spiel gegen den besten und beliebtesten Aufsteiger aller Zeiten.
Und das in einem 4-4-2 System, welches unter normalen Umständen gegen Hasenhüttls Megatruppe immer zu einem technischen K.O. und einer 0-3 Wertung führt. Hagenberg-Scholz haben wir für ähnliche Mutmaßungen früher immer aus dem Soldiner Eck geprügelt. Er hat es sich gemerkt.
Im Soldiner Eck sehen wir Sie nur noch selten. Was ist da los?
Schill und Wu haben andere Pläne. Dazu später mehr.
Diese Pläne hängen also nicht mit dem verrückten Abstiegskampf zusammen?
Das ist Schill doch egal. Und haben Sie sich mal die Tabelle angeschaut? In dem Wort „verrückt“ steckt so viel Hoffnungslosigkeit drin, wenn man es mit dem Wissen ausspricht, dass ohnehin nicht mehr viel passieren wird. Die Bundesliga hat es nicht mehr drauf, das hat sie auch in Europa bewiesen.
Herr Dembowski, das ist ein starkes Schlusswort. Danke dafür!
Kein Ding!