Herr Dembowski, die letzten Oktobertage sind angebrochen. Es wird stürmischer, kälter, die Blätter fallen.
Und ich sitze vor der Anlage, höre Low. Das ist eine fantastische Band. Denken Sie sich einfach mal 23 Jahre zurück. Grunge dominierte alles. Es war laut, es war wütend, es war selbstzerstörerisch. Dann kommen Low daher, und Codeine und Bedhead, später noch Come. Schwäche, Ruhe, sich zu Rücknehmen. Der sparsame Gebrauch der Sprache. Der Flow. Hören Sie doch auch mal gute Musik, hören Sie doch auch mal Lazy.
Sie sind ja wieder drauf.
Weil ich Musik höre, Schulle trinke und im Herbst, der schönsten aller Jahreszeiten ankomme? Weil ich den Zerfall mag, weil ich es mag, wenn die Farbe langsam zerfällt, wenn sich die Natur aufgibt, um sich zu erholen. Alles ist vergänglich. Wir müssen den Moment greifen. Das lehrt uns der Herbst.
Deep, Dembo, deep. Wir wollen aber über Fußball reden. Der Ballspielverein Borussia aus Dortmund schlägt Magdeburg mit 5:0 Toren. Hat Ihr Herzensverein die Krise überwunden?
Hören Sie auf damit. Für mich gibt es keinen Herzensverein mehr. Borussia Dortmund ist für mich Geschichte. Dieser Klub hat ein großes Problem.
Der BVB führt immer noch die Bundesliga-Tabelle an. Der BVB ist in Europa noch dabei. Der BVB ist die Talentschmiede der Superklubs.
Der BVB ist im DID POWER RANKING abgestürzt, der BVB hat jetzt auch ein Weihnachtssingen aufgelegt, um schöne Bilder der Glückseligkeit um die Welt zu senden, und der BVB hat einen Trainer, der den Verein, so wie es im Moment aussieht, nicht weiterhelfen kann. Da hilft auch kein 5:0 Sieg in Magedeburg. Der BVB schliddert in eine der größten Krisen der letzten Jahre. Auf dem Platz, und neben dem Platz.
Hans-Joachim Watzke nennt Leute wie Sie nicht ohne Grund „krank“, und Sportdirektor Michael Zorc würde Ihnen eventuell eine Persönlichkeitsstörung unterstellen.
Sehen Sie. Genau das mein ich. Der BVB agiert auf allen Ebenen populistisch, bedient sich einer Sprache, die er aus der Politik übernommen hat. Er pathologisiert seine Kritiker, unterstellt ihnen mangelnden Zurechnungsfähigkeit und am Ende des Tages applaudiert die Masse. Da hat der Verein es der Presse wieder gezeigt. Die, die nur von Krisen profitieren. Die, die den schönen Verein kaputtschreiben, indem sie es wagen, einen Hauch von Kritik zu formulieren. Der BVB führt sich auf wie ein US-Präsident. Und eins muss ich Ihnen sagen: That’s not my president. Sollen die mal machen. Isaks Weg werde ich weiter verfolgen, ansonsten nehmen Sie mich bitte aus Ihrer Aufzählung raus, wenn Sie mal wieder über BVB-Fans reden.
Was hat Sie bloß so ruiniert, Herr Dembowksi?
Mich? Nichts. Ich mache da nur nicht mehr mit. Ich kann dieser Sprache, dieser Art nichts mehr abgewinnen. Die Schuld liegt immer beim Gegenüber, und wenn es nicht läuft, holt sich Watzke eine Zigarette, setzt sich ins Möbelhaus und wartet auf den Mann vom Spiegel. Ohnehin war das doch auch nicht so gemeint, und man sollte doch endlich mal richtig zuhören. Das ist nichts mehr für mich.
Was wird jetzt aus dem DID?
Wir machen weiter. Fußball wird immer noch gespielt. Und ich liebe Fußball immer noch. Ich sehe da kein Problem.
Was macht das DID POWER RANKING?
Wird bald wieder Indie. Es gibt ein paar Fans, aber machen wir uns nichts vor: Für die große Masse war das nie gemacht.
Wie geht es Dörte?
Überragend. Wir legen gerade eine Seenlandschaft an, und zapfen dabei die Alte Oder an. Es ist wunderschön. Sie müssen uns mal besuchen.
Was macht Koi?
Er wartet auf den Winter, und versteckt sich vor den Reihern.
Wo ist Justin Hagenberg-Scholz?
Er ist auf Reisen. Ein Langzeitprojekt. Aber neulich hat er noch den Drohnenführerschein erworben. Er bleibt ein Schrittmacher.
Herr Dembowski, das war ein trauriges Gespräch.
Sehe ich nicht so. Schönen Tag noch.