Im Internet gibt es Ärger. Matthias Sammer ist neuerdings externer Berater seines Herzensvereins Borussia Dortmund. Gleichzeitig arbeitet er als hochgeschätzter Experte für Eurosport. Dort erfindet er den Fußball neu, macht ihn erklärbar. Er war sogar schon im Rasenfunk. Sammer ist der Liebling der selbsternannten Expertengeneration Internet.
Doch seine Doppelfunktion erzürnt manche Menschen in den sozialen Netzwerken. Diese erteilen im Jubelverbot, sprechen von „Bildern,die wir so nie sehen wollten.“ Andere wiederrum finden das mit Sammer schon in Ordnung.
Auf Twitter kommt es zu einem Showdown der Extraklasse. Wieder einmal geht der Hass von Malte Dürr aus.
Rüdiger Rabe eilt herbei. Er muss die Lage beruhigen, die Situation einordnen.
Wir erreichen den passionierten Bahnfahrer telefonisch auf seiner Veranda in seinem Domizil in Hamburg-Alsterdorf beim Obstwaschen.
Herr Rabe, der ausgelassene, auch körperlichen Kontakt enthaltende, Jubel von Aki Watzke und Matthias Sammer ist auch zwei Tage nach dem Spiel Greuther Fürth gegen Borussia Dortmund das Thema Nummer 1. In den sozialen Netzwerken. Wurde die Grenze des guten Geschmacks überschritten?
Zwei Männer mit Herz für den BVB freuen sich über einen späten und glücklichen Siegtreffer. Ich fand das richtig schön. Echte Menschlichkeit in der ansonsten kühlen und künstlichen Fußball-Welt.
Sammer wird in erster Linie für seine Doppelfunktion kritisiert. Sein Expertenjob bedürfe der Neutralität, wird argumentiert. Herr Sammer könnte daher aufgrund des Gefühlsausbruches am Ronhof seinen Job dort zukünftig nicht mehr nachgehen. Muss der Feuerkopf seine Sachen packen?
Ich habe das auch gelesen, kann es aber kaum nachvollziehen. Solange er nicht gegen Gesetze verstößt, kann Herr Sammer selber bestimmen, was er tut und was er nicht tut. Das ist ein Grundrecht. Hinzu kommt, Fußball ist Unterhaltung. Sammers Leidenschaft für den BVB dient der Qualität dieser. Das ist meine Meinung. Ich möchte nicht, dass bei einem Experten die gleichen Maßstäbe angelegt werden wie, berechtigterweise, bei einem Schiedsrichter.
Die Kritik kam verstärkt aus dem Lager der Bayern-Fans. Wie sehen Sie das?
Das ist mir auch aufgefallen. Ich kann sie verstehen. Vor kurzem war Matthias Sammer noch einer von ihnen. Ich erinnere mich an ein Spiel vor einigen Jahren in Dortmund. Damals sprang Matthias Sammer bei einer Rangelei mit Rafinha auf, lief auf den Rasen, duellierte sich mit Klopp. Er, der Dortmunder Meisterspieler, war nun Bayern. Und die Dortmunder außer sich. Dieses Bild tragen viele Bayern-Anhänger noch in sich. Es fällt Ihnen schwer, diese Wandlung so schnell nachzuvollziehen. So etwas braucht Zeit. Von mir bekommen sie die. Überdies glaube ich, die Bayern Fans spüren intensiv, dass diese Saison eine Katastrophe für sie wird. Um damit klar zu kommen, begibt man sich gerne auf Nebenschauplätze. Das ist ein sehr menschlicher Reflex.
Besonders unangenehm war der Twitter-Wortkrieg zwischen Malte Dürr und Felix Haselsteiner. Es wurde sogar geblockt.
Durch ein Fußleiden habe ich momentan viel Zeit und lese häufig bei Twitter mit, auch diesen Dialog. Erstaunlich fand ich, wie viele Leute Felix zur Seite gesprungen sind. Selbst der sonst eher kühle Lahmsteiger war mächtig aus dem Häuschen. Die tragen alle eine üble Vorahnung in sich.
Aber wurde Felix nicht von Malte auf unangenehme Art provoziert?
Selbstverständlich kann man das so sehen. Malte ist ein Frechdachs, will spielen und ist insbesondere in den Schulferien dauernd auf der Suche nach Spielkameraden. Felix hat gleich mitgespielt und vermutlich hatten beide einen angenehmen Morgen. Malte, weil er provozieren und seine möglichst zahlreichen Kritiker auslachen durfte. Felix fühlte sich, und das kann man auch so sehen, persönlich angegriffen und daher auch im Recht, Malte zukünftig per Block auszugrenzen. Aus meiner Sicht bringt das nichts. Die beiden Twitter-Nutzer haben aber so viel gemeinsam. Beide lieben sie Tennis. Beide verbindet aber auch eine große Leidenschaft für ihren jeweiligen Club. So viele Stunden, die sie damit verbringen Spiele ihrer Teams zu analysieren oder zu beschreiben und Prognosen für die Zukunft abzuleiten. Der eine vermehrt vor Ort, der andere, wenn ich das korrekt mitbekommen habe, vermehrt vor dem Bildschirm. Ich wünsche mir, dass diese beiden weiterhin in den Dialog treten, weil ihre Leidenschaft für Fußball sie immer wieder zusammenbringen dürfte.
Vielen Dank für diese Ausführung. Welche Pläne haben Sie für den Nachmittag?
Ich werde selbst gebackenen Apfelkuchen essen und treffe einen alten Bekannten. Später fische ich Rosinen aus dem Müsli. Dann werde ich Musik von Barry Manilow hören und dabei das neue Buch von Heinz Strunk, „Das Teemännchen“, zu Ende lesen. Ein herrliches Buch, das ich gerne lese. Vielleicht schaue ich auch noch in die Qualifikationsspiele zu den US-Open rein und unterhalte mich darüber mit Sport_Thies per WhatsApp.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Rabe.