Herr Dembowski, wie schön! Sie haben Zeit für uns.

Beeilen Sie sich.

 

Es ist viel passiert. Geht es Ihnen gut?

Ja. Alles in Ordnung. Kommen Sie endlich zum Punkt.

 

Auf die Mannschaft des BVB wurde ein Anschlag verübt. Was wissen Sie darüber?

Eine Anwohnerin ist vom Toilettentopf gefallen. So laut waren die Explosionen. Der BVB musste dann am kommenden Tag antreten. Das führte zu einer größeren Aufregung. Die Mannschaft und Trainer Thomas Tuchel waren nicht bereit. Die UEFA verwies auf ihre Regularien. Der Verein stand dazwischen. Der BVB hat das Spiel gegen Monaco mit 3:2 verloren. Danach erklärten sich einige der Spieler und auch Trainer Thomas Tuchel. Neue Fakten wurden veröffentlicht, erst über offizielle Kanäle, dann aus Sicherheitskreisen. Die Mannschaft, das kann man sagen, entging nur knapp einem größeren Unglück. Zum Spiel gegen Eintracht Frankfurt traten sie an. Sie gewannen das Spiel mit 3:1 und befinden sich aktuell in Monaco. Die Ermittlungen wurden von der Bundesstaatsanwaltschaft übernommen. Gestern kam es zu einer Tatortrekonstruktion. Über die Täter ist weiter nichts bekannt. Zwar warnen Terrorexperten vor weiteren Anschlägen, doch ist nicht einmal mehr klar, ob es sich hier noch um Terror oder aber um eine komplexere innerdeutsche, vielleicht sogar innerstädtische Problematik handelt. Es ist nichts bekannt. Für mich ist der Fall eine Nummer zu groß. Daher kann ich auch nichts über den aktuellen Stand der Ermittlungen verraten.

 

Aber Sie sind schon noch Ermittler?

Ja! Aber es geht mir um Fußball.  Ich kann und will nicht alles wissen.

 

Fußball, zumindest europäischer, wird in Deutschland im kommenden Monat nicht mehr gespielt. Ist diese Annahme korrekt?

Nein. Der BVB hat gute Chance auf ein Weiterkommen. Sie haben bereits in der zweiten Halbzeit gezeigt, dass sie nicht gewillt sind, sich von wem auch immer ihren großen Traum zerstören zu lassen. Nun ist Marco Reus zurück. Gegen Frankfurt netzte er mit der Hacke ein, und auch gegen Monaco dürfen wir Tore von ihm erwarten. Der BVB ist auf Kurs. Er hat eine Halbzeit verloren, und er wird die drei anderen Halbzeiten gewinnen, somit auch in das Halbfinale der Champions League einziehen.

 

Hat der Anschlag auf die Mannschaft also keine Auswirkung auf die Leistung der Mannschaft?

Werden Sie nicht albern. Die Mannschaft funktioniert jetzt, ist auf Autopilot, auf dieses eine Ziel programmiert. Dafür werden sie alles tun. Sie wissen, dass diese Saison die außergewöhnlichste Saison der Vereinsgeschichte werden könnte. Dafür tun sie alles. Sie sind der große Favorit auf den Finaleinzug. Sie haben eine junge, hungrige Mannschaft, sie haben aber auch erfahrene Stars wie Vereinsikone Nuri Sahin, dessen Rückkehr dem Team in den entscheidenden Wochen einen enormen Schub geben wird. In seine Grätschen bin ich verliebt. Seine Fähigkeit, Räume in unerschlossenen Gebieten zu erkennen und sie mit einem präzisen Pass zu finden, macht ihn zum wichtigsten Spieler im Dortmunder Kader. Dazu haben sie auch Haudegen wie Sven Bender an Bord. Reus erwähnte ich bereits. Sie haben den perfekten Mix und sie fliegen weiter unter dem Radar. Für mich ist der BVB unschlagbar.

 

Jetzt werden Sie albern, Herr Dembowski!

Das ist nicht korrekt. Ich bin jedoch kein Experte für Posttraumatische Belastungsstörungen. Dazu müssten Sie Dörte befragen. Aber die wird sich dazu nicht äußern. Das öffentliche Expertentum erklärt den Menschen in seiner Allgemeinheit, die Symptome aber sind bei jedem einzelnen Menschen unterschiedlich. Wir können darüber in der Öffentlichkeit nicht urteilen, und wir müssen dazu die einzelnen Spieler auch nicht vermenschlichen, denn sie waren bereits vorher Menschen. Das vergessen wir gerne. Für den Moment gilt: Die Mannschaft des BVB funktioniert, und am Abend sind die Spieler doch wieder allein mit ihren Sorgen.

 

Doch scheinen dem BVB Typen wie Rene Tretschok und Kalle Riedle zu fehlen. Die waren die Helden der 1997er-Mannschaft.

Das ist 20 Jahre her. Riedle ist jetzt Markenbotschafter, versprüht Vereins-DNA in Asien, und Tretschok hat damals gegen United getroffen. Das stimmt natürlich. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass Sie mich hier auf den Arm nehmen wollen. Die eigentlichen Stars der 97er-Mannschaft waren Martin Kree und Stefan Klos.

 

Der BVB hat einige prominente Fans. Unter anderem soll das Uerdinger Maskottchen Grotifant sich mit der Dortmunder Borussia identifizieren.

Danke für die Erläuterung. Der Grotifant ist DID-Kolumnist und wird daher natürlich auch den Ballspielverein unterstützen.

 

Themenwechsel: Sie haben am 10.04.2017 den Absturz der Münchener Bayern vorausgesagt. Jetzt sind sie gegen Real raus, müssen die Saison ohne Neuer beenden.

Und auch ohne Trainer, so hatte man gestern zumindest das Gefühl. Getrieben von der ewigen Angst, Boateng oder Hummels zu verlieren, musste Ancelotti erst Vidal auf dem Platz lassen und nach seinem umstrittenen, aber folgerichtigen Platzverweis den besten Stürmer der modernen Ligageschichte, Robert Lewandowski, vom Platz nehmen, um im Mittelfeld ein wenig Ordnung herzustellen.

 

Für Lewandowski kam Kimmich.

Ja. Das hat mich auch gewundert. Ich hielt ihn für einen Nationalspieler, nicht für einen Vereinsspieler, aber, dass er auf Klublevel nicht die nötige Sicherheit hat, zeigte seine dilettantisches Verhalten vor dem 3:2. Haut er Marcelo um, fällt das Tor nicht, verletzt sich Neuer nicht, scheidet Bayern mit Sicherheit auch nicht aus.

Noch einmal zurück zu Lewandowski. Was bedeutet das Aus für den Polen?

Er wird sich nach einem neuen Verein umschauen müssen. Bei den Bayern wird er die Champions League nicht gewinnen können. Der Verein liegt bald in Trümmern, und wird Jahre brauchen, um an die alte Stärke anzuknüpfen. Das Aus gegen Real Madrid ist gleichbedeutend mit dem Ende der großen Bayern-Zeit. Es waren tolle Jahre, aber für Lewandowski unbefriedigende Jahre. Er will Weltfußballer werden. Das schafft er in Deutschland nicht.

 

Was ist mit Trainer Carlo Ancelotti?

Der Verein wird sich entscheiden müssen, ob sie ihm den Umbruch überlassen wollen. Das wird nicht passieren. Sie werden sich von ihm trennen. Und wieder auf der Suche sein. Die Bayern haben sich drei Jahre lang Guardiola verschrieben, und der sich dem schönen Spiel und nicht der Zukunft. Ancelotti sollte den europäischen Titelgewinn moderieren, doch dafür ist es jetzt zu spät.

 

Kommt also Nagelsmann? Wird er die Bayern in Europa, und Hoffenheim in Deutschland coachen?

Das ist wieder eine ihrer Leserfragen. Ich habe keine Ahnung, was mit den Bayern passieren wird. Nagelsmann wird nicht kommen. Und das Ausmaß der nun anrollenden Krise lässt bereits jetzt erahnen, dass Nagelsmann auch im nächsten Jahr nicht die richtige Wahl sein wird.

 

Ein Wort zur Schiedsrichterleistung. Das war schon irre schlecht, oder?

Diese Diskussion langweilt mich. Sie hat mit Fußball nichts zu tun.

 

Herr Dembowski, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Kein Ding.