Die ersten Spieltage sind gespielt. Hoffenheim und Augsburg grüßen von der Tabellenspitze. Die Trainer in Mainz und auf Schalke sind weg, Wolfsburg noch ohne Sieg. Der BVB und Bayern straucheln. Diese verrückte Liga.

Wir treffen einen zufriedenen Dietfried Dembowski im Wolfsburger Outlet Center. Er schaufelt gerade ein Spaghetti-Eis in sich hinein und sagt: „Das Eis in Wolfsburg ist das beste Eis der Welt. Probieren Sie mal.“ Wir lassen uns nicht lange bitten. Es ist vorzüglich. Dembowski ist ein Mann von Welt und deswegen passt er so gut hier an den Mittellandkanal, hier ins Herz der Republik.

Hallo, Herr Dembowski!

Sie schon wieder. Wollen Sie das jetzt jede Woche machen?

Das ist unsere Aufgabe. Legen wir direkt los. Erstaunliches Wochenende.

Definitiv. Wir haben uns in diesem Jahr an vieles gewöhnen müssen. Aber Bayern-Siege waren eine Konstante in unserem Leben. Daran konnten wir festhalten. Und jetzt diese brachiale Pleite in Hoffenheim. Die Welt ist aus den Fugen geraten.

Das machen Sie an einer Niederlage der Bayern fest? Mit Verlaub, Herr Dembowski, dafür müssen wir nicht auf den Fußball schauen. Die Welt zerbricht.

Die Welt zerbricht seit immer. Das ist der Kreislauf des Lebens. Und natürlich war es klar, dass auch die Bayern wieder verlieren werden. Viel interessanter aber sind doch die Anzeichen dafür, dass der große Triumph inmitten der Pandemie teuer bezahlt werden muss.

Wie meinen Sie das?

Aki Watzke hat immer wieder darauf hingewiesen: Die Pandemie und die daraus folgenden Einnahmeverluste treffen die großen Vereine ebenso hart. Die Topklubs hantieren mit anderen Summen. Allein die Kaderkosten sind ja unglaublich.

Beim letzten Triple überwiesen die Bayern 150 Millionen Euro an die Spieler, in der vergangenen Saison beliefen sich die Kosten auf über 300 Millionen Euro. Die Gehälter haben sich verdoppelt.

Das ist so, ja. Und langsam ist das Ende erreicht. Weil eben auch die Umsätze nicht hochgehen werden. Den Bayern drohen sogar Einnahmeausfälle von rund 150 Millionen.

Die TV-Gelder werden ab der kommenden Saison ebenfalls nicht steigen. Stillstand statt Wachstum und sogar ein Rückgang der Erlöse in der Auslandsvermarktung. Die werden nach aktuellem Stand um 20 Prozent zurückgehen.

Sie haben sich gut vorbereitet. Und in diesem Markt muss der FC Bayern München einige der besten Spieler der Welt bezahlen, mit ihnen teils sogar neue Verträge aushandeln und Spieler in eine Liga locken, die zwar relative Stabilität bedeutet, sonst in den vergangenen Jahren nicht sonderlich attraktiv war. Plötzlich kann vielleicht nicht mehr im höchsten Regal eingekauft werden, sondern müssen die Blicke nach unten gerichtet werden. Ob Hasan Salihamidzic dieser Aufgabe gewachsen ist? Er muss sich neu erfinden.

Mit Mario Götze…

Götze meint alles. Wir haben genug über die Bayern geredet. Die Pandemie, und das sind ja eigentlich gute Nachricht, nimmt mehr Geld von den großen Vereinen, als die kleinen Klubs jemals besessen haben.

Für die wird es doch trotzdem eng.

Natürlich. Aber wer nichts hat, kann auch nichts verlieren. Wer wenig hat, nur wenig verlieren. Dass wir in einer Ausnahmesituation leben, muss ich doch jetzt nicht schon wieder erzählen.

Die Hertha hat noch ein wenig Geld. Manch einer bezeichnete sie schon als Deutsche Chelsea.

Das habe ich noch nie gehört. Habe sie am Freitag gesehen. Die Rückkehr der Zuschauer hat denen nicht gutgetan. Sie haben sich von der Stimmung anstecken lassen. Wenig Einsatz, viel Protest. Eine spielerische unerträgliche erste Halbzeit, die folgerichtig mit 2:0 Toren für Frankfurt endete. Trotz aller Kritik: Mir haben die 15 Minuten nach der Pause sehr gut gefallen. Das wurde dann kleingeredet. Wie das immer so ist, wenn die guten Minuten keinen Ertrag abwerfen. Aber da habe ich ein gutes Spiel gesehen. Bleibt aber ein langer Weg für Hertha.

Ein gutes Spiel will auch Mats Hummels gesehen haben.

Gutes Passspiel der Dortmunder Borussia. Da fehlt dann aber die Tiefe, da fehlen die Idee und da ist dann wieder diese Dortmunder Arroganz, dass man es schon richten wird. Aber so einfach ist es dann doch nicht. Es war Union Berlin all over again.

Also eine Frage der Mentalität?

Die Stammtischparolen überlass ich dem ehemaligen DID-Mitarbeiter Malte Dürr. Aber selbstverständlich darf Haaland, ein 20-jähriger Spieler, nicht der leidenschaftlichste Borusse auf dem Platz sein. Dem BVB bekommt Lob nie gut. Eine Selbstgefälligkeit setzt dann ein, die es so in der Liga selten gibt.

Zum Beispiel auch nicht in Gelsenkirchen. Dort muss Wagner gehen. Nach 18 Spielen ohne Sieg.

Hassan hat keine Hoffnung mehr. Ralle Rangnick hat abgesagt, die Ausgliederung ist in Gefahr. Was mich an Gelsenkirchen gerade interessiert? Der richtungsweisende Kampf um die Zukunft des Vereins. Wer wird dort die Oberhand behalten, wird Tönnies noch einmal als Retter zurückkehren oder kann sicher der Verein von ihm befreien? Wie wird man da die Frage beantworten, wem der Fußball gehört? Das ist doch spannend zu sehen, gerade, wenn einem das sportliche Schicksal egal ist. In Gelsenkirchen werden die spannenden Fragen des Fußballs verhandelt und dafür sollten wir Schalke dankbar sein.

Herr Dembowski, wir danken Ihnen für dieses kurze Gespräch.

Dafür nicht. Und denken Sie dran: Morgen DID POWER RANKING! Und dann blicken wir auch wieder nach Europa.