In den vergangenen Wochen war es ruhig geworden um den DID. Ermittler Dembowski und Kneipenkönig Schill mussten sich neu aufstellen, und am Ende schauen, wer überhaupt noch übrigbleibt. Rüdiger Rabe war die Welt zu egal geworden, um noch auf sie einzugehen. Dembowski selbst hatte die Niederlage bei der prestigeträchtigen Preisverleihung im Headquarter eines multinationalen Mobilfunkkonzerns schwer zugesetzt. Wus Reisen durch China erforderten äußerste Konzentration und größtmögliche Geheimhaltung. Und Justin Hagenberg-Scholzs Rückzug im Angesicht der Schalker Krise war nicht weiter erstaunlich. Schill war nie ein Mann großer Worte.
Deswegen können wir heute ganz unbescheiden von einer Weltsensation sprechen. Der beliebte Querulant Malte Dürr meldet sich mit einem fulminanten, weil über weite Strecken nachdenklichen Interview zurück.
Lesen Sie hier, warum Dürr immer noch hinter Dirk Gieselmann steht und wie er mit seinem Abstieg im sozialen Powerranking umgeht.
Herr Dürr! Herrlich, Sie mal wieder beim DID als Gast begrüßen zu dürfen. Ich habe Sie vermisst.
Ich Sie auch! Für mich ist der DID das einzige relevante Medium unserer Zeit. Relotius, Gieselmann… In unserer Welt kann man sich ja auf nichts mehr verlassen. Da ist ein sicherer Hafen wie der Ihre immer ein Fixpunkt in meinem beschaulichen Leben.
Danke für die Blumen! Die sind auch direkt ein sehr gutes Stichwort. Haben Sie Ihrer Frau heute bereits Blumen überreicht? Immerhin begehen wir den internationalen Weltfrauentag. Das holt Sie doch bestimmt ab?
Ich bringe meiner Frau tatsächlich ab und zu Blumen mit. Jedoch nicht heute. Meine Mutter kriegt auch prinzipiell nichts zum Muttertag. Sie als weise Frau hat sowieso mal etwas gesagt, was auch zum Frauentag Gültigkeit haben sollte: „Ich finde den Muttertag furchtbar. Ich möchte nicht nur an einem Tag gut behandelt werden und im Rest des Jahres nicht. Das ist doch alles geheuchelt!“
Natürlich. So kann man die Dinge sehen, wenn man verzweifelt ist. Ihr Stern ist in den letzten Monaten rapide gesunken. Die Provokateure haben Sie in den sozialen Medien längst überholt. Sie gelten nunmehr als gemäßigte Mitte. Enttäuscht Sie das?
Die Polarisierung unserer Gesellschaft greift eben auch auf die sozialen Medien über. Was vor 3,4 Jahren noch für Aufregung und politische Verwicklungen sorgte, würde heute keinen mehr hinterm Ofen hervorlocken. Die Grenzen des früher vermeintlich Unsagbaren erfahren eine immer größere Dehnung. Persönlich bin ich aber durch meine Zeit hier im Sauerland auch ruhiger geworden. Die Bodenständigkeit der Menschen und ihre pragmatische Herangehensweise beeindrucken mich. Dem Mittelständler aus Schmallenberg ist es egal, ob du aus Masar-i-Sharif oder Attendorn kommst, solange du deine Arbeit anständig erledigst.
Sie sprechen über Ihre liebe Heimat: Das Sauerland! Dort, zwischen schwein- und kuhverarbeitenden Betrieben, gibt es einige Karnevalshochburgen. Haben Sie sich an Karneval verkleidet? Und wenn ja, wie?
Ich hasse Karneval. Der Aschermittwoch ist für mich der heiligste Tag des Jahres. Noch vor Ostern und Weihnachten. Und das sage ich als Theologe und Religionslehrer. Endlich keine verkleideten Besoffenen mehr.
In manchen Bundesländern wird diskutiert, ob man sich noch als Indianer verkleiden darf.
Bisher habe ich mich immer als politisch eher links verstanden. Jedoch ist der Diskurs in diesem Spektrum momentan an einem Punkt angelangt, an dem ich nicht mehr mitkomme. Ich weiß nicht, ob es unserer Gesellschaft hilft, wenn wir einem 3-jährigen aus Hamburg-Harvestehude sein Indianerkostüm verbieten, weil sich dadurch möglicherweise „Native Americans“ verletzt fühlen könnten.
Gab es bei Ihnen Indianer?
Als Kind dürfte ich mich selbst mal so verkleidet haben. Das ist so, ja. An der Schule zu Weiberfastnacht letzte Woche ist mir dieses Kostüm nicht aufgefallen. Dafür verkleidete sich ein Schüler als Lokomotive und konnte sogar Dampf erzeugen. Das war der Wahnsinn!
Besonders kritisch wurde in den vergangenen Tagen der deutsche Humor beäugt. Sind Witze über Doppelnamen und Toiletten noch zeitgemäß, Herr Dürr?
Ich tue mir schwer damit, Büttenreden oder den politischen Aschermittwoch wochenlang als Referenzrahmen für sprachlich-stilistische Analysen heranzuziehen. Der Fetisch der Skandalisierung aus einem ganz spezifischen Milieu heraus hat inzwischen Dimensionen erreicht, wo Witze über Doppelnamen zur Staatsaffäre hochgejazzt werden, während die wahren Probleme unserer Zeit (Steuervermeidung, Lohndumping) marginalisiert werden.
Sie erwähnten, dass Sie Theologe sind, richtig?
Korrekt. Ich wurde 2015 in Evangelischer Theologie promoviert.
Als Theologe: Was fasziniert Sie am Karneval? Mir wird das alles zu sehr überhöht. Wie allen Dingen scheinen die meisten Leute auch dem Karneval, dem Aschermittwoch zu viel Bedeutung beizumessen. Ich habe mir Ohrenschützer gekauft. Mir ist die Welt zu laut.
Der religiöse Ursprung des Karnevals ist ja nur noch in Spurenelementen enthalten. Fragen Sie doch mal die „flippigen“ Damenrunden im Zug, die aus Emmerich, Brilon oder Gronau zum Kölner Karneval fahren, was dieser Brauch überhaupt bedeutet. Ich fahre über Karneval immer nur in die Diaspora.
Vielleicht muss man es machen wie Dirk Gieselmann. Ihr Idol wurde in dieser Woche enttarnt. Er hat die Wahrheit verdichtet und ein neues Lügenpresse-Fass aufgemacht. Stehen Sie trotzdem hinter Gieselmann?
Ja. Vielleicht ist er nun sogar erlöst worden und kann sich auf die reine Tätigkeit als Schriftsteller konzentrieren, was ihm auch deutlich besser liegt als mediokre Stücke für die Beilagen großer Tageszeitungen zu verfassen.
Nicht sonderlich erstaunlich, dass sowohl Relotius und Gieselmann in eine Zeit fallen, in der wir alle nur noch eifrig damit beschäftigt sind, auf der richtigen Seite zu stehen. Müssen wir vielleicht damit aufhören, immer eine Seite zu wählen?
Die Seitenwahl gibt es nur beim Fußball.
Eine gute Anmerkung. Springen wir zu ihrem Verein. Der hat am Dienstag immerhin die richtige Seite gewählt, spielte in der ersten Halbzeit auf die Nord. Viel mehr ging da nicht. Muss der BVB jetzt um den Titel fürchten? Steht er schon wieder vor einem Scherbenhaufen?
Das 3:3 gegen Hoffenheim war der Knackpunkt. Die Saison ist für mich bereits beendet. Der FC Bayern wird am Ende der Saison mit 6,7 Punkten Vorsprung ins Ziel laufen. Ärgerlich bleibt nur, dass den Bayern die Wachablösung ausgerechnet im direkten Duell gelingen wird.
Herr Dürr! Wir haben noch ein paar Zuschauerfragen. Die gebe ich hier mal weiter.
Der tägliche Kontakt zu meinen Followern war mir immer schon ein wichtiges Anliegen.
Sehr gerne. Sie sind ein Held. Legen wir los.
Ich kann es kaum erwarten.
Ein Unterstrich JVL will wissen: Wie fühlt es sich an, wenn man selbst in Neheim-Hüsten, dein Auto aber in Arnsberg steht?
Das war ärgerlich heute Morgen. Als ich in Neheim-Hüsten ausstieg und der Zug weg war, fiel mir ein, dass mein Auto ja in Arnsberg am Bahnhof steht. Alle außerhalb des Sauerlands sollten nun GoogleMaps bemühen.
Aus Kalifornien erreicht uns eine sehr persönliche Frage: Abgesehen von dem Spieltag im Westfalenstadion. Was gefällt Ihnen am Leben in der Nähe von Dortmund?
Der ehrliche und direkte Menschenschlag.
Fritzchen ist wie das Internet. Er vergisst nie und spielt auf Ihre Korrespondenz mit der Familie Götze an: Wünscht sich der Oberstudienrat Dürr eine Verlängerung von Mario Götze. Wäre ein Brief an dessen Vater, der diesem Wunsch Ausdruck verleiht, eine Option?
Wenn Super-Mario seine Form weiter so stabilisiert, habe ich da nichts gegen. Der Briefkontakt mit Papa Götze ist leider abgerissen.
Lustig auch Sebastian. Kann Herr Dürr den Lesern garantieren, dass seine Analysen ohne Zuhilfename illegaler Substanzen oder Methoden wie Blutdoping zustande kommen?
Der Sportler Dürr hat Schande über unsere Familie gebracht. Der Stammesälteste wird darüber zu richten haben.
Das war es auch schon. JVL fragte noch einmal nach GNMT. Das kenne ich aber nicht. Ihnen noch einen schönen Tag, Herr Dürr. Herzlichen Dank!
Ihnen auch alles Gute