Wieder einmal ist der Fußball in Gefahr. Im Soldiner Eck treffen wir Dietfried Dembowski, um über das realistische Bedrohungszenario einer europäischen Super League zu sprechen. Gegen die Football Leaks-Enthüllungen konnten sich die Lügenbarone der Topvereine noch mit ihrer riesigen PR-Maschine wehren, doch gegen den beliebten Ermittler sieht der DID sie chancenlos.

Wir treffen “Dembo” im Soldiner Eck. Dort sind wie jedes Jahr im März Grammophon-Wochen. Er spielt Piotr seine Caruso-Sammlung vor. Sie erinnern sich an ihre Zeit am großen Fluss.

Doch im DID-Interview der Woche zeigt sich Dembowski von seiner schlechtesten Seite.

Herr Dembowski. Der Fußball steht vor gravierenden Veränderungen.

Ist wieder soweit. Die Super League verhagelt den Fußballfans die Laune. Mit unvergleichlicher Transparenz verändern ECA und UEFA den Fußball.

Für den Zeitraum ab 2024 werden große Reformen das europäische Ligensystem erschüttern. Die Superklubs wollen noch mehr vom Kuchen.

Die Unterhaltungsindustrie Fußball ist die letzte wirklich globale Unterhaltungsindustrie. Und ihr Zentrum ist in Europa, nicht in Hollywood. Klar, dass sich was verändern wird. Fußball steht im Wettbewerb mit anderen Sportarten und anderen Freizeitmöglichkeiten und den unzähligen Streamingdiensten. Die TV-Rechte sind hier in Deutschland auf drei Pay-Plattformen aufgeteilt. Es gibt unzählige Wettbewerbe. Ich habe den Überblick verloren.  

Ganz Europa fürchtet sich vor dem Schreckensgespenst Super League.

Ich nicht.

Die Reichen werden reicher und die Armen werden armer. Die Schere wird immer weiter auseinandergehen!

Kommen Sie mir nicht mit Gerechtigkeit. Es gibt keine Gerechtigkeit im Fußball. Das hat uns der VAR gelehrt. Die nationalen Ligen sind zum Großteil ausrechenbare Veranstaltungen geworden. Die großen Klubs können Meisterschaften maximal für ein Jahr verlieren. Paris in Frankreich, Juventus in Italien, Bayern in Deutschland. Die sind allen anderen Vereinen in ihren Ländern weggerannt. Wir brauchen neue Ideen für mehr Wettbewerb. Wir brauchen eine neue Competition, um den Fußball zurück an die Fans zu geben.

Sie sprechen von einer neuen Competition. Die wird geplant. Wie aber könnte so eine Super League aussehen, Herr Dembowski?

Verabschieden Sie sich erst einmal von dem Namen Super League!

Okay. Wie aber könnte diese Liga aussehen?

Sie muss europäisch organisiert sein. Sie muss die Nationalstaaten aufbrechen. Stellen Sie sich einfach eine neue Pyramide vor. In der ersten Liga duellieren sich die besten Teams des Kontinents, gerne mit Playoffs und einer KO-Phase, ohne die nichts geht. Auch nicht im US-Sport. Diese Zuspitzung zum Saisonende ist so unfassbar wichtig. Aus der Europa League wird dann die zweite Liga, darunter organisieren sich die Vereine in einigen regionalen Divisionen, ohne Rücksicht auf Landesgrenzen. Dann würden meinetwegen die Gladbacher gegen PSV Eindhoven und nicht mehr gegen Hertha antreten, die mit Spielen gegen Prag und Warschau ihrer Rolle im Osten Europas gerecht werden.

Die Belastung für die Spieler würde sich dadurch weiter steigern.

Sie denken das falsch. Ich rede von einem einheitlichen europäischen Ligensystem, ich rede von einem Fußball ohne Grenzen, dem Fußball eines vereinten Europas.

Was wird aus den nationalen Ligen?

Die siedeln sich unterhalb der regionalen Divisionen an. Die jeweiligen Meister können aufsteigen und sich auf den Weg nach Europa machen.  Die Ligen darunter blieben von der Reform ohnehin unberührt.

Dort würde ein deutscher Meister Hamburger SV dann auf den FC Midtjylland, wenn ich Sie richtig verstanden habe. Das interessiert niemanden!

Hamburg gegen Sandhausen interessiert auch niemanden.

Wird das deutsche Modell der Fanmitbestimmung weiter Bestand haben. Oder bedeutet das auch das Ende für 50+1?

Die Vereine werden doch weiter bei diesem Modell bleiben können. Vielleicht bleiben sie dann Zweitligist oder es verschlägt sie noch tiefer ins System hinab. Aber das ändert doch nichts. Der FC Bayern wird sich in jedem System bessere Spieler als der FC Augsburg leisten können. Alles ist zementiert. Dann hetzen wir doch die größten Mannschaften Woche für Woche aufeinander. Das hätte sogar etliche Vorteile.

Welche?

Die Spieler würden weniger Spiele haben, die Vereine könnten sich schlankere Kader leisten. Die TV-Stationen hätten trotzdem weiter 24/7 ihr Unterhaltungsprogramm. Gäbe genug Möglichkeiten, auch unter der Woche Spiele auszutragen.

Die Fans wären die Leidtragenden.

Es wird weiterhin Derbys geben und es werden neue Rivalitäten entstehen.  Klar: Ob die Fans der Borussia aus Dortmund für ein Mittelfeldduell der zweiten Liga weiter in Horden nach Lissabon reisen werden, ist noch nicht abschließend geklärt. Das gebe ich zu.

Herr Dembowski, Sie wollen die Seele des Fußballs verkaufen!

Die Champions League ist mit ihrer Auswirkung eine der großen europäischen Idee. Mir geht es um Europa. Ich mag diesen Kontinent. Der Fußball kann dazu beitragen, dass er nicht zerreißt.

Dafür sympathisieren Sie mit den durch die Bank intransparenten und verbrecherischen Ideen des Kapitals und verraten die Fans.

Ich denke nicht, dass wir den Fußball in seiner jetzigen Form bewahren können und auch nicht, dass wir das tun sollten. Er muss sich weiterentwickeln, um auch neue Generationen abzuholen. Sonst wird er irgendwann zurück in die Masse anderer Sportarten fallen.

Das wäre begrüßenswert!

Ich mag es, wenn Menschen auf aller Welt über diesen Sport zueinander finden.

Und wir beim DID mögen es, wenn der BVB Schalke 04 im Derby besiegt.  Das wollen Sie den Fans nehmen.

Viel mehr aber nicht.

Herr Dembowski, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Dafür nicht.