Herr Dembowski, der letzte Bundesliga-Spieltag steht an.
Das ist korrekt. Und endlich streift auch der Sommer durch die Stadt. Ein kurzer Besuch, eine dringende Verabredung. Halten wir es kurz.
Das kommt ganz auf Sie an. Erste Frage: Dortmund gegen Bremen. Werden wir Thomas Tuchel danach noch einmal im Westfalenstadion sehen?
Vielleicht auf der Gästebank. Seine Dortmunder Zeit ist vorbei. Er ist nie angekommen. Nichts wurde gut, und in 2017, das können wir so festhalten, alles nur schlimmer. Der Ballspielverein gibt dieser Tage ein erschreckendes Bild ab. Ich habe nach dem Bombenanschlag den Überblick verloren. Ein Hauen und Stechen. Täglich wechselnde Fronten. Sportliche Belange nur noch von untergeordneter Bedeutung, vielleicht sogar die Ehrenrunde um den Borsigplatz. Einmal mit Trainer, einmal ohne Trainer. Tuchel könnte der erste Trainer sein, der, noch während er sich an Erdnüssen und Champagner labt, vom Truck fliegt. Das sagt alles.
Wird der Ballspielverein direkt in die Champions League einziehen?
Ich kann es nicht sagen. Wer will das vorhersagen? Bremen mit katastrophalen Leistungen in den letzten beiden Spielen. Sie sind erschöpft, und deswegen spricht alles für einen Dortmunder Sieg. Die Mannschaft wird nicht für den Trainer spielen, aber sie wird um ihre Zukunft kämpfen. Sie wollen wieder angreifen.
Dabei ist dies die komplizierteste Phase der Vereinsgeschichte.
Übertreiben Sie nicht. Die Dynamik hat den BVB mitgerissen. Es gab so viele Verwirbelungen mit sich anschließenden Turbulenzen, dass da aktuell einfach auch ein wenig die Perspektive fehlt. Die müssen sich aufstellen, einen Schritt zurücktreten und mit Abstand auf diesen Strudeln schauen. Es ist alles dokumentiert. Das sind die Vorteile unserer Zeit.
Wird Aubameyang den Verein verlassen?
Ja. Aber das ist doch auch kein Problem. Er hat seine Pflicht erfüllt, und natürlich war Dortmund für Aubameyang ein Paradies. Hier konnte er schillern, hier war er der Paradiesvogel, hier bekam er die Aufmerksamkeit, die er für sein Spiel braucht. Er lebt von der Anerkennung. Das hat er sich auch immer wieder in seinem Swimmingpool im Verbindungstunnel seiner beiden Häuser in Dortmund gedacht. Doch jetzt geht es weiter. Kohle kassieren. Der BVB wird andere Spieler verpflichten, und sich immer erinnern. Das ist etwas Wunderbares und ich verspüre eine große Dankbarkeit.
Kommen Sie runter, und begleiten Sie uns in den Abstiegskampf.
Eine große Enttäuschung. Entweder plant Braunschweig den großen Coup, oder ihnen, und das müssen wir leider annehmen, ist die Kraft ausgegangen. Deswegen brauchen wir uns mit dem sogenannten Abstiegsendspiel, mit Lasoggas Ausfall und auch mit der Schiedsrichteransetzung nicht beschäftigen. Es spielt keine Rolle.
Dortmund direkt in die Champions League, kein weiterer Absteiger. Was passiert in der Europa League?
Hertha holt einen Punkt gegen Leverkusen, Freiburg verliert in München, Köln holt nur einen Punkt gegen Mainz und der Hecking wird somit die Saison auf Platz 7 beenden. Danke, dass Sie gefragt haben.
Mit Philipp Lahm und Xabi Alonso verabschieden sich zwei Legenden des Spiels.
Das ist richtig. Aber Lahm hat bei mir keine bleibenden Spuren hinterlassen. Ein guter Spieler, ein intelligenter Typ, dessen emotionale Tarnkappe in jedoch ungreifbar machte. Alonso war wunderbar, er hatte Stil, er konnte ein Spiel lesen, diktieren und gezielt beeinflussen. Man könnte ihn einen Strategen nennen, wenngleich Dir dieser Begriff in diesem Geschäft nicht mehr erlaubt ist. Die Sprache des Fußballs hat sich dramatisch verändert.
Wie auch das Bild der Liga.
Sie ist langweilig. Sie ist so langweilig, dass die Randgeschichten den Raum einnehmen, weil aus sportlicher Sicht keine Geschichten zu erzählen sind. In der Liga gibt es keine Zweikämpfe mehr, das erledigt das finanzielle Gefälle, das erledigt die Finanzierung des Wissens in Leipzig, die sich in dieser Saison mit Oliver Burke den neben Renato Sanches größten Transferflop leisteten.
Die Bayern aber vernichteten Dortmund in der Tabelle. Das sagte Karl-Heinz Rummenigge mit Bezug auf Renato Sanches und Ousmane Dembele.
Merken Sie selber, oder? So langweilig ist die Liga, dass Rummenigge aus Verzweiflung solche Sätze raushauen muss, und im Anschluß noch schnell juristische Schritte gegen eine Zeitung einleitet. Es passiert nichts mehr.
Was auch die Schuld der Schalker ist. Diese sind angetreten, um sich als internationaler Topklub zu etablieren….
…und jetzt liegen sie am Boden. Der chinesische Sponsor Hisense verlängert seinen Vertrag nicht, blickt auf die Tabelle, und wendet sich ab. Dafür springt ein Start-Up der Deutschen Post AG in die Bresche, entwickelt ein neues Bezahlsystem im Trikotärmel. Ich will hier nicht von Subventionen reden, viel mehr beunruhigt mich der Fakt, dass Innovationsführer, und das will Schalke sein, nie die Früchte der Innovation ernten. Jemand wird kommen, die Idee kopieren, verbessern und damit erfolgreich sein. China eben. Das hat Klopp schon vor langer Zeit gesagt. Und das hat immer noch seine Gültigkeit.
Herr Dembowski, vielen Dank für das Gespräch.
Kein Ding. Gerne wieder.