Wir sprechen mit Dietfried Dembowski. Er sitzt in seinem Wolfsburger Bunker, wir im Home-Office. Bis auf einige amüsante Bemerkungen auf Facebook ist es still um den Ermittler geworden. Jetzt wird er reden. Die Musik fadet aus. Eric’s Trip.
Herr Dembowski, die Bundesliga wird den Ball im Mai wieder rollen lassen.
JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!
So beruhigen Sie sich, Herr Dembowski!
Entschuldigen Sie. Ich habe mir gerade die neueste Sky-Anzeige vorgelesen. Was war nochmal die Frage.
Keine Frage. Eine Feststellung: Die Bundesliga wird den Ball im Mai wieder rollen lassen.
Das Oktoberfest im September ist abgesagt.
Was hat das genau mit Fußball zu tun?
Ich frage mich, wie wir in diesem Jahr den Tag Der Deutschen Einheit feiern werden. Der ist am 03. Oktober. Das Fest da in München wäre am 04. Oktober geendet.
Wir können den Kalender lesen.
Es liegt jetzt an den Spielern. Sie müssen sich ausreichend schützen. Bekommen sie das Virus, ist alles vorbei. Das ist eine Sache für Juristen. Die müssen sich die Verträge jetzt genau anschauen. Kann man die Spieler für eine eventuelle Erkrankung in Haftung nehmen? Was jetzt eben nicht passieren darf: Ein erkrankter Spieler. Das würde das Kartenhaus einstürzen lassen.
Das sind bemerkenswerte Forderungen.
Sehnen Sie sich etwa nach Transparenz? Danach, dass die Vereine offenlegen, wer wie oft getestet wurde und getestet werden wird? Was passiert, wenn Spieler erkranken oder Schiedsrichter? Wie die Spieler abgeschottet werden und natürlich auch, wie das überhaupt in Spielerkreisen. Wie werden die Reisewege sein? Werden die Spiele im Free-TV zu sehen sein? Wie wird mit Menschenansammlung umgegangen? Wen interessiert das?
Das stimmt: Ein Wochenende mit Fußball ist deutlich erträglicher als ein Wochenende ohne Fußball, sagt auch Markus Söder.
Ein Leben ohne Corona ist deutlich erträglicher als ein Leben mit Corona. Ein Leben mit Schulle ist deutlich erträglicher als ein Leben ohne Schulle. Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.
Was sagt Oderbruch-Pschyologin Dörte über die Bedeutung des Fußballs.
Es ist so wichtig! Es gibt den Menschen Hoffnung. Sie vermissen das Spiel. Sie vermissen das gesellschaftliche Leben, das die Spieltage mit sich bringen. Sie vermissen die Diskussionen. Sie vermissen die Aufregung, die der VAR-Einsatz mit sich bringt und sie wollen solidarisch mit ihren Helden sein. Die stehen am Ende des Tages noch ohne Job da.
Kann es sein, dass die Oderbruch-Psychologin Sie auf den Arm genommen hat?
Darüber habe ich auch bereits nachgedacht.
Kommen wir zurück zur Bundesliga. Sie wollen für die Fans spielen, sagt Hans-Joachim Watzke.
Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen.
Bitte nicht!
Hören Sie mir doch einmal zu. Am Wochenende spazierte ich hier durchs wunderschöne Wolfsburg. Ich habe mich an die Oberfläche getraut. Alle Läden bejubelten ihre Rückkehr. In den Schaufenstern verkündeten sie den Termin. „Wir sind am 20.04. zurück!“ Mich hat das nicht sonderlich interessiert. Und ich habe mich gefragt, wer denn jetzt in die Läden gehen will. Dann sah ich die Bilder aus Köln, aus Dortmund. Alle wollten in die Läden gehen. Vielleicht wollen alle Fans, niemand kann genau sagen, wo die alle sitzen, wieder Fußball sehen. Weil Fußball Normalität bedeutet. Die würden aber wahrscheinlich auch Tennis schauen oder was auch immer. Endlich Abwechslung.
Also finden Sie das jetzt gut?
Was soll ich denn dazu sagen? Für mich ist das ne Beleidigung, wenn die Wiederaufnahme der Liga durch eine Zusammenrottung auf Bild-TV beschlossen wird und der Rechteinhaber am Folgetag diese fette Anzeige schaltet. Das ist für mich das Gegenteil der Transparenz, die wir jetzt brauchen. Das sieht für mich nach einem Hinterzimmerdeal aus. Das holt mich nicht ab. Los geht es dann Mitte Mai, nicht am 09. Mai. Eine Sonderrolle will der Fußball nun wirklich nicht.
Aber die Geisterspiele werden sie sich anschauen?
Wahrscheinlich nicht. Ich habe hier einen ganzen Berg an Dokumenten rumliegen. Muss ich durchgehen. Die Teleskopzeit! Diese unendlichen Möglichkeiten und Szenarien. In welche Realität werden wir stolpern und welche Entscheidungen werden darauf Einfluss haben.
Der Fußball?
Der gewiss nicht. Mich besuchte neulich Piotr [Ein Zeitreisender und Freund des Ermittlers – Anm. d. Red.] und erzählte mir aus seiner Zukunft. Das war eher eine Utopie. Klang alles super. Dann erklärte er mir den Begriff der Teleskopzeit. Er sprach von den unendlichen Optionen und davon, dass wir sie in diesem Stillstand aktuell sehr gut sehen. Er sagte, dass wir warten müssen, bis die Zeit sich vermischt und wir sie wieder trinken können. Dass man in dieser Zeit keinen Schmerz fühle, aber auch keine Freude und dass die Verführungen der Wesen, die ihre Form wandeln können, die große Gefahr darstellen und wir nur darauf hoffen können, dass sie in ihrer menschlichen Form ‚nein‘ sagen. Es ist kompliziert.
Herr Dembowski. An dieser Stelle beenden wir das Gespräch lieber.
Dafür nicht.