Wann ging der DID vor die Hunde? Diese Frage stellte sich Dietfried Dembowski. Um ihn herum stand die Welt weiter still, doch die unterliegenden Verwirbelungen spülten immer mehr Dreck an die Oberfläche. Doch während aus Raves weltumspannende Proteste wurden und Statuen versenkt wurden, saß der Ermittler auf der Kranichfarm am Ende der Republik.
Wann war der DID vor die Hunde gegangen, wann war der Ermittler vor die Hunde gegangen? Auf diese Frage gab es keine einfache Antwort. Die aber gab es, wie Justin Hagenberg-Scholz seinen Modellen entnehmen konnte, für den Fall der Bundesliga.
Und so wollen wir heute auf den im Vorjahr angeblich ermordeten Protagonisten dieser Erzählung schauen. Justin Hagenberg-Scholz war nicht tot. Er war wieder da, hatte sich nur in den Untergrund absetzen müssen. Zu viele Leute wollten ihn an den Kragen. War es doch der Datenfuchs, in dessen Hand der Schlüssel zum Ende der Bayern-Dominanz lag.
Das war auch bis in den tiefen Süden gedrungen. Es ging nur darum, ihn möglichst schnell aus der Schusslinie zu nehmen. Während wir also im Januar in den Zeitungen über die Vorboten der Pandemie lasen, versteckte sich der ehemalige Robert-Koch-Institut-Mitarbeiter Hagenberg-Scholz auf der Farm im Oderbruch. Die Bedrohung aus dem Süden war ein Glücksfall für Deutschland. Der Datenfuchs war nun an anderer Stelle gefordert.
Schon bald war JHS, der Mann im Hintergrund, Deutschlands wichtigster Berater. Die Drähte ans Nordufer standen nie still. Das Schicksal der Nation lag wieder einmal den Händen des Weddings. Und dort vertraute man auf Justin Hagenberg-Scholz. Er hatte Zeit und der nutzte diese zum Wohle der Menschheit. „Tief in meinem Herzen bin ich ein Altruist“, erklärt der Datenwizzard. „Die Menschen sehen in mir einen Nerd. Jemanden, der mit Daten hantieren, mit Gefühlen aber nicht umgehen kann. Ich liebe doch alle Menschen!“
„Das kann man so stehen lassen“, pflichte ihm Berenice Hagenberg bei. Nach Jahren der tiefen Trauer um ihren verstorbenen Hund Rara geht es ihr wieder besser.
Oderbruch-Psychologin Dörte pflichtet ihr bei. Sie sagt: „Justin ist einfach aus der Zeit gefallen. So Menschen werden eigentlich nicht mehr gemacht. Sie schauen nicht auf sich, sondern nur aufs Gemeinwohl. Sie agieren nicht in erster Linie, es geht ihnen nicht um Anerkennung, die sie nur verspüren, wenn sie mal wieder die Menschheit gerettet haben. Justin ist der letzte Superheld unserer Zeit.“
Letztendlich waren es in der Tat Hagenberg-Scholzs Modelle, die der deutschen Regierung den entscheiden Vorteil brachten. Wiederholt sprach sich der Mann im Hintergrund gegen einen vollständigen Lockdown und für die dann auch eingeführten, in ihrer Effektivität kaum zu überbietenden Maßnahmen ein.
„Wir haben einen guten Job gemacht“, sagt Hagenberg-Scholz rückblickend. „Die Räder haben ineinandergegriffen. Die Ampel sprang um und wir hatten einen konkreten Plan. Wir mussten jetzt nur noch mit der Öffentlichkeit umgehen. Mit den Unwägbarkeiten der Populisten. Mit der Zerstörungswut des Boulevards und der Ungeduld der Bevölkerung. „Wir wussten, dass sich der Unmut irgendwann entladen würde. Es ging nun darum, die Wucht dieser Situation abzufedern. Und da kam Miriam Wu ins Spiel.“
Der Internationalisierungsexpertin von Weltruf kam bereits in der frühen Phase der Pandemie eine entscheidende Rolle zu. Mit ihrer Wortgewalt und Hagenberg-Scholzs Daten gelang es ihr, die Entscheider von einer Rückkehr der Bundesliga zu überzeugen.
„Die Bundesliga wird für immer die Liga sein, die inmitten der größten Krise der Menschheit seit dem zweiten Weltkrieg eine Rückkehr zur Normalität forciert hat und der es am Ende eben auch gelungen ist“, sagt Miriam Wu. „Wir durften uns keinen Fehler erlauben, aber wir waren save. Wir kannten den Verlauf der ersten Welle und wir konnten die Ablehnung der Bevölkerung einordnen.“
„Damals spielte die Grundangst vor Veränderung eine große Rolle. Man hatte es sich im Stillstand eingerichtet. Für manche war das fordernd, für andere eine Erholung. Aber alle hatten Respekt vor dem, was da kommen würde“, erklärt Dörte. „Jeder Schritt könnte ein Schritt zu viel sein. Jeder Schritt könnte zum Abgrund führen.“
„Wir aber wussten, dass wir alles kontrollieren können“, ergänzt JHS. „Ich wusste es. Wir mussten den Menschen die Angst nehmen. Wir wollten wir sie mit einem neuen Alltag sedieren und sie dann langsam in die nächste Phase überführen. Das ist uns gelungen.“
Trotzdem sah sich die Bundesliga großer Kritik ausgesetzt. Fangruppen lehnten sich erst auf, akzeptierten dann die Ausweglosigkeit der Situation. Sie warten nun auf ihre Rückkehr.
„Fußball ohne Fans ist Fußball“, sagt Hagenberg-Scholz und das haben die Menschen nun verstanden.
„Wir haben die anderen Ligen dann mit der künstlichen Atmosphäre, dem Stadionton, auf eine falsche Fährte gelockt. Wir waren die ersten am Markt und das ist meist ein großer Nachteil. Es ging uns jedoch nur um Nachhaltigkeit. Nie um die Show. Wir haben demütig agiert. Wir haben die Situation gezeigt, wie sie ist. Ungeschminkt. Mit all den ausbleibenden Geräuschen. Wir haben das adressiert. Wir haben auf Werbung verzichtet und uns der Qualität des Fußballs ausgesetzt. Wir haben Schläge kassiert und geschwiegen“, sagt Wu. „Am Ende aber haben wir gewonnen.“
Wenn in Spanien nun die Liga zurückkehren wird, müssen die Fernsehzuschauer auf das pure Fußballerlebnis verzichten. Dort will man die größte TV-Show aller Zeiten produzieren. Die leeren Ränge werden durch virtuelle Fans ersetzt, es wird mehr Gesänge geben und das Spiel wird verfälscht.
„Es ist eine Anbiederung an eine Generation, die wir so nicht gewinnen werden. Wir müssen den Fußball zurück auf die Straße holen und akzeptieren, dass er dreckig ist, dass er nicht gerecht ist, dass das wilde Element der Tribünen ein Faktor ist. Wir müssen verstehen, dass das Spiel nicht für das Spiel geliebt wird, sondern als ein Ort, an dem sich die Gesellschaft gleichberechtigt wiederfinden kann,“ erklärt Wu.
„Und ein Ort, an dem man gemeinsam ein paar Schulle kippen kann. Egal, ob Punk oder Anwalt. Ob Arbeiter oder Datenfuchs. Jeder kann am Spiel teilnehmen. Wir wollen nur keine Rassisten, keine Nazis. Das ist nicht verhandelbar. Und auch diese Botschaft ist angekommen“, mischt sich Dembowski doch noch ins Gespräch ein.
Hauke Schill steht hinterm Zapfhahn. Ian McCulloch singt seine Lieder. Vielleicht ging der DID doch nie vor die Hunde. Justin Hagenberg-Scholz hat ihn gerettet. Und nicht nur ihn.
Jetzt will er den Fußball retten. Er sagt: “Wie? Das wollen Sie wissen? Lassen Sie sich überraschen.”