Herr Dembowski, wie war der Spieltag?

Es ist Mittwoch! Wie soll ich mich da noch an den letzten Spieltag erinnern?

Wir haben Sie vorher nicht erreicht. Wo waren Sie eigentlich?

Dazu darf ich nichts sagen. Nur so viel: Der Maulwurf macht es nicht mehr lange.

Interessant. Das ist aber auch eine perfekte Überleitung. Guardiola hatte in seiner Münchener Zeit häufig mit Maulwürfen zu tun. Heute geht es gegen Atletico. Was erwarten Sie von diesem Kick?

Es wird eine Schlacht der Systeme. Atletico Aviacion gegen die Unabhängigkeitskämpfer. Der Unsympath Simeone, erst heute für einen seinen dreckigen Tricks mit einer 3-Spiele-Sperre belegt, gegen das Genie Guardiola. Der unansehnliche Fußball gegen den der Zukunft. Der Boulevard singt ja bereits die Pep-Abschiedslieder, die niemand hören wollte. Er hätte ewig bleiben sollen, und den Fußball immer weiter, immer neuer erfinden sollen. „Du lernst immer noch unsere Sprache“, himmeln sie ihn an, und schwärmen bereits jetzt von den edlen Getränken, die Guardiola, dem Fußball-Revolutionär, zum Abschied über die Lippen perlen werden. Noch einmal breitet Spaniens Himmel seine Sterne über den Schützengräben aus. Auf zum Kampf das Bayern-Bataillon. Die Befreiung des Fußballs von seinen Aggressoren lockt. Es ist Krieg. Vidal wird eine große Rolle spielen. Thomas Müller, der Raumdeuter, auch.

Und Lewandowski?

Sein Berater wird in Madrid von Maskottchen Berni beschattet. Aus gutem Grund: Der Kopf des Weltklassestürmers ist längst nicht mehr bei den Bayern. Wo wird eine Stelle frei? Wer kann ihm den Ballon d’Or anbieten? Die Bayern sind es sicher nicht.

Dafür bieten die Bayern Mats Hummels endlich eine Titelperspektive. Der Dortmunder Kapitän zieht es zur kommenden Saison in Richtung Süden, hört man.

Das Theater ging ja vor einer Woche los. Hummels diktiert den schreibenden Journalisten etwas über Vestenbergsgreuth in die Blöcke. Eine routinierte Abhandlung der letzten Wochen. Liverpool, die Ligakonstellation, das Finale. Alles wird angesprochen. Jemand gähnt. Und Hummels verschwindet in Richtung Kabine, soll dann jedoch das Sky-Interview führen. Er folgt. Maximal widerwillig, so hat es den Anschein. Dort kommen ihm fast die Tränen. Diese unmenschliche Schwere der Entscheidung. Dann in loser Folge. Internet-Getuschel, der Vater, der Vater, der Vater, der Vater. Bild, Watzke, Rummenigge, Sport Bild. The usual suspects. Erschreckendes Storytelling.

Hätte man die Geschichte auch anders erzählen können?

Es hätte immer Verlierer gegeben. Aber einfallsreicher geht es natürlich immer.  Vielleicht  aber ist die Geschichte nicht auserzählt? Variante 1: Hummels verlängert, Götze kehrt heim, der zweite Leuchtturm, und alles wird gut. Auch für Rummenigge, der natürlich an einem starken Konkurrenten interessiert ist. Nur nicht zu stark, wie Manuel Neuer es im kicker ausgedrückt hat.  Variante 2: Bayern bricht unter Ancelotti ein.

Wie soll das passieren?

Guardiola war eine Ausnahmeerscheinung, ein Sonderfall, eine glückliche Fügung des Schicksals. Guardiola ist ein FußballVERÄNDERER, Ancelotti ist ein FußballVERWALTER. Guardiola schweigt, Ancelotti redet mit goal.com. Guardiola war in New York, Ancelotti wohnt in Kanada.

Ein Verwalter wird reichen, oder nicht?

Warten wir das Finale ab. Das Endspiel in Berlin ist richtungsweisend. Ein wichtiger Bestandteil des Internationalisierungsprozesses der Liga. Bayern gegen Dortmund. Kimmich gegen Weigl. Coman gegen Pulisic. Lewandowski gegen Aubameyang. Müller gegen Mkhitaryan. Der krasse Klassiko. Pep gegen Tuchel, der Hummels mit einer Schutzssperre belegen wird. Der letzte Auftritt des großen Fußballveränderers Guardiola auf heiligem deutschen Boden. Er hat die Wahrnehmung des Spiels verändert. Jetzt tritt er gegen seinen Nachfolger an.

Sie wirken begeistert.

Selten hat mich ein Endspiel weniger interessiert. Ich hatte mir die Hertha im Finale gewünscht, ich hatte mir Bremen im Finale gewünscht. Ich gestehe: Ich war leer.

Wie Hertha.

Die laufen trotzdem noch unter den Top 4 ein. Der Realismus des Pal Dardai hat mich in dieser Saison beeindruckt. Sie werden schon gegen Leverkusen wieder überraschen.

Und Bremen?

Die steigen doch direkt ab. Da lege ich mich fest. Claudio Pizarro verschießt jetzt Elfmeter. Grillitsch vergibt glasklare Chancen, und sie verlieren gegen den Hamburger SV. Das sagt doch alles.

Das würde den Klassenerhalt der Frankfurter bedeuten.

Die treten in Darmstadt nun ohne Fans an. Das war vorher schon klar. Aber jetzt kommt noch das Stadtverbot hinzu. Rivalisierende Jugendbanden gefährden das System, sagen die Wissenschaftsstadt Darmstadt und Polizeipräsidium Südhessen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. OB Jochen Partsch freut sich auf ein „schönes Fußballfest“, bei dem man sich „unabhängig vom Ergebnis der Partie“ möglichst ruhig verhalten sollte. „Wenn sich alle an ein paar einfache Verhaltensregeln halten, steht einem friedlichen Hessen-Derby nichts im Weg“, sagt er und Bernd Denninger bedauert, „dass das Fußballspiel aufgrund der Rivalität der Fans in den Hintergrund rückt und einen größeren Polizeieinsatz als bei anderen Spieltagen erforderlich macht.“ Rainer Wendt bereitet bereits eine Pressemitteilung vor.

Bleiben wir noch ein wenig im Keller. Der VfB Stuttgart schwimmt auf einer Sympathiewelle.

Exakt. Sie haben es einem Blogger gezeigt. Der hatte etwas Ungeheuerliches behauptet, und wurde vollkommen zurecht abgemahnt. Man habe den Stürmer Kravets nicht gescoutet, behauptete der Blogger, und dachte nicht an die modernen Kommunikationswege. Ein Blick auf seinen GoalImpact hat gereicht. So arbeiten Journalisten, so arbeiten vielleicht auch Vereine.

Spannend. Wie läufts auf Schalke?

Super! Schenken eine 2:0 Führung gegen Leverkusen her. Breiti ist noch Trainer, und Junior „Augenhöhe“ Caicara träumt von der Champions League. Für mich gehört der Gelsenkirchener Vorortverein zu den besten Vereinen der Welt.

Herr Dembowski, Sie müssen sicher noch das DID POWER RANKING updaten. Vielen Dank für Ihre Zeit!

Danke. Und Justice for the 96!